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Ausstellung entzweit Antifaschisten

Eklat bei Eröffnung der Ausstellung „Widerstand gegen den Nationalsozialismus“ in Berlin: Widerständler fordern die Entfernung von Exponaten des „Nationalkomitee Freies Deutschland“  ■  Von C.C. Malzahn

Berlin (taz) - Der Historiker Walter Momper mahnte in seiner Eigenschaft als Regierender Bürgermeister noch zur Toleranz, um den Schaden zur begrenzen; der Eklat jedoch war da.

Während der Eröffnung der Ausstellung Widerstand gegen den Nationalsozialismus am Mittwoch hatte der Bruder des am Attentat auf Hitler beteiligten Majors Roland von Hößlin eine Protesterklärung verlesen: Weil auch das „Nationalkomitee Freies Deutschland“ Eingang in die 5.000 Stücke umfassende Exponatensammlung gefunden hatte, drohte er gemeinsam mit zwei weiteren Angehörigen der ermordeten Gegner Hitlers - darunter auch der ehemalige deutsche Botschafter in Israel, Karl von Hase - damit, die „Tilgung des Gedächtnisses“ der Attentatsbeteiligten „in Wort und Bild aus der Ausstellung“ auf dem Rechtsweg vorzubereiten. Konkret: Entweder den Mitgliedern des Nationalkomitees wird die „Widerstandsfähigkeit“ abgesprochen, oder die Austellung bekommt im Themenbereich „20.Juli“ weiße Flecken.

Die Mehrheit der ZuhörerInnen quittierte den öffentlichen Erpressungsversuch mit dem Verlassen des Saales.

Kritik an der Aufnahme des Nationalkomitees - einer antifaschistischen Organisation, der Soldaten und Offiziere der Wehrmacht angehört hatten - wurde wenige Tage vor der Ausstellungseröffnung auch von der Familie von Stauffenberg laut. In einem Brief an Walter Momper äußerten sie, „daß wir damit nicht einverstanden, ja empört sind. Kollabaration mit der feindlichen Streitmacht ist auch in der im Verteidigungsfall der BRD in Kraft tretenden Gesetzgebung als Landesverrat definiert und entsprechend geahndet“, hatte von Hößlin unter „Aufhören! Aufhören!„-Rufen erklärt - eine Anspielung auf die Versuche des NFKD, Soldaten zum Desertieren oder zum geschlossenen Rückzug von der Front zu bewegen. Die „Gleichstellung“ des NFKD-Mitgliedes Walter Ulbricht mit „den Exponenten des militärischen Widerstandes“ sei schließlich „eine Beleidigung der Männer um die Generale Beck, Olbricht, von Treskow und Graf Stauffenberg“.

Der Leiter der Ausstellung, Peter Steinbach, hielt in seiner Rede dagegen: Die Ausstellung wolle die ganze Pluralität von Widerstands- und Oppositionsbestrebungen sichtbar machen, indem sie vom Selbstverständnis der Regimegegner ausgeht. „Sie will diese Menschen weder heroisieren noch diffamieren.“ Auch Ludwig von Hammerstein, Teilnehmer am Hitler-Attentatsversuch, nannte die Berücksichtigung des NFKD „historisch vertretbar und legitim“.

Auf die juristische Drohung der Angehörigen angesprochen, meinte Steinbach zur taz, er habe da „keine Angst“. Falls es tatsächlich dazu kommen sollte, daß Exponate aus der ständigen Ausstellung zurückgezogen würden, „wird man auf den weißen Flecken natürlich erklären müssen, wie es dazu gekommen ist“, erklärte er in einem Gespräch mit der taz. Kommentar und Dokumentation

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