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THTR-Aus: Streit unter Genossen

NRW-Finanzminister Schleußer kungelt mit Forschungsminister Riesenhuber um die Wiederinbetriebnahme des THTR / SPD-Fraktion in Düsseldorf will den Schrottreaktor dichtmachen - der Minister offenbar nicht  ■  Aus Düsseldorf J. Nitschmann

In dem seit Monaten andauernden Streit um die vorzeitige Stillegung des pannenanfälligen Thorium -Hochtemperaturreaktors (THTR) in Hamm-Uentrop wird die Haltung der nordrhein-westfälischen SPD-Landesregierung immer undurchsichtiger.

Wie der taz gestern in Düsseldorf bekannt wurde, hat NRW -Finanzminister Schleußer (SPD) gemeinsam mit Bundesforschungsminister Riesenhuber (CDU) am 17. Juli dieses Jahres ein Schreiben an die THTR -Betreibergesellschaft gerichtet, in dem ein mehrjähriger Auslaufbetrieb für den Hammer Atommeiler bis Ende 1991 favorisiert wird. Beide Minister vertreten in diesem Brief einmütig die Auffassung, daß sich nur bei einem Wiederanfahren des stillgelegten THTR 300 ein Konkurs der bereits heute mit 256 Millionen Mark überschuldeten Betreibergesellschaft abwenden lasse.

Die Sprecherin des Düsseldorfer Finanzministeriums, Barnbara Hendricks, bestätigte die Existenz dieses Schreibens. Es sei „nicht falsch“, aus diesem Brief zu folgern, daß auch Schleußer eine Wiederinbetriebnahme des Hammer Atommeilers befürworte. „Die Hauptzielrichtung des Ministers ist die Abwendung des Konkurses“, sagte Frau Hendricks.

Innerhalb der SPD-Landtagsfraktion löste das Bekanntwerden des gemeinsamen Schreibens von Riesenhuber und Schleußer Entsetzen und Empörung aus: „Wir haben uns alle an den Kopf gefaßt. Der muß da in geistiger Umnachtung gehandelt haben, als er diesen Brief unterschrieben hat“, kritisierte ein SPD -Fraktionär seinem Genossen Finanzminister.

Unterdessen äußerte SPD-Fraktionschef Friedhelm Farthmann in einem Gespräch mit der taz die Befürchtung , daß Bundesforschungsminister Riesenhuber „aus purer Prinzipienreiterei mit dem Kopf durch die Wand“ wolle, um eine Wiederinbetriebnahme des THTR durchzusetzen. Er habe „die große Sorge“, daß die Betreiber andernfalls vom Bundesforschungsminister ganz gezielt in den Konkurs getrieben würden.

Farthmann sagte, ihm lägen konkrete Erkenntnisse vor, daß Riesenhuber den Hauptanteilseigner des THTR, die Vereinigten Elektrizitätswerke (VEW), „massiv politisch unter Druck gesetzt“ habe. So seien der Chef der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, und der einflußreiche VEBA-Vorstandsvorsitzende, Rudolf Bennigsen-Foerder, vom Bundesforschungsministerium mobilisiert worden, um auf VEW-Chef Klaus Knizia einzuwirken, „daß der mit der Landesregierung nicht diesen Deal macht.“

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