: Hamburger Freibäder nutzen Kraft der Sonne
■ Während Hamburg stolz auf ökologische Beheizung des Badewassers ist, will man in Bremen noch nichts davon wissen
Zart deutete sich im letzten Jahr für die Hamburger Wasserwerke ein neues Energie-Zeitalter an. Jetzt geht‘ s mit der ganzen Macht der Sonne vorwärts. Zusätzlich zum Freibaad Dulsberg, das seit einem Jahr als erfolgreiches Modell arbeitet, werden nun auch die
Freibäder Niendorf, Billstedt und Ohlsdorf mit Solar-Anlagen beheizt. Ende des nächsten Jahres sollen acht von zwölf Hamburger Freibädern vom Segen der Sonne profitieren. Das Wasser-Aufwärmsystem ist so simpel wie billig. Ein Viertel des ohnehin für
Filterzwecke umgewälzten Badewassers wird (allerdings mit Elektropumpen) durch schwarze Plastikrohre über das Dach des benachbarten Hallenbades und der Umkleidekabinen gepumpt. Da diese Absorber im Ohlsdorfer Schwimmbad mit 1.300 Quadrat
metern eine große Oberfläche belegen'kann die darauf scheinende Sonne das gemächlich durchfließende Wasser optimal erwärmen. Je nach Intensität der Einstrahlung wird das Badewasser dadurch auf zwanzig bis sechsundzwanzig Grad erwärmt. Da nach Berechnungen der Wasserwerke 95 Prozent aller Badegäste erst dann zu erwarten sind, wenn die Sonne mal wieder zwei Tage kräftig geschienen hat, kommen die meisten Besucher voll in den Genuß des sensibel reagierenden Systems.
Die Voraussetzungen, die Kraft der Sonne zu nutzen, sind bei Freibädern so günstig wie nirgends sonst. Zum einen wird die Wärme zumeist dann gebraucht, wenn die Sonne auch wirklich strahlt. Zum anderen muß das Freibadwaser nur aufgewärmt und nicht heiß werden.
Was durch die geringere Verbrennung von Öl oder Gas in jedem Fall ökologisch sinnvoll ist, rechnet sich auch ökonomisch. Das Freibad Dulsberg konnte im letzten Jahr 280.000 Liter Heizöl durch Nutzung der Sonne einspa
ren, das entspricht dem Verbrauch von 200 Wohnungen. Daß sich die bundesweit modellhaften Investitionen der Wasserwerke allerdings erst in etwa zwölf Jahren amortisieren, liegt an der Konkurrenz der zur Zeit niedrigen Strom-und Heizölpreise.
In Bremen gibt es keine Solar-Anlagen für die Beheizung der Freibäder. Anders als in Hamburg greift man weiterhin auf Gas zurück. Allein das Stadionbad verbraucht am Tag 2.500 Kubikmeter Gas, eine Menge, mit der eine fünfköpfige Familie drei Monate Wohnung und Wasser wärmen kann. Gerade im Stadionbad, so weiß der Verwalter des Stadionbades zu erzählen, ist die Gasheizug, die mit elektrischen Motoren angetrieben wird, zudem gefährlich. Wenn im benachbarten Weser Stadion das Flutlicht angeschaltet wird, kommt es zu Stromschwankungen im Netz. Die Anlage fällt aus. Wenn dann ein Bedienungsfehler unterlaufe, fliege die gesamte Anlage in die Luft.
Trotz der Gefahren und des immensen Gasverbrauchs, an eine
Übernahme des Hamburger Solarmodells denkt bei der Gesellschaft für öffentliche Bäder niemand. Ein Sprecher der Gesellschaft bezweifelte, daß die Hamburger Freibäder durch Sonnenenergie tatsächlich Kosten einsparen und behauptete: “ Die Installierung einer Solar-Anlage für Bäder ist unrentabel.“
Reiner Scholz/taz-hh/taz-hb
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen