: Kein Anschluß unter dieser Gasag
■ Installationsbetriebe und Innung hoffen auf teilweise Rücknahme des von der Gasag verhängten Anschlußstopps / Derzeit laufen noch Verhandlungen mit dem Senat und der Gasag / Genehmigte Feuerstättenanträge werden schon per Kleinanzeigen gesucht
„Wir gehen davon aus, daß das so nicht stehenbleibt“, ist die Einschätzung eines Mitarbeiters des Neuköllner Rohrleger - und Bauklempnerkollektivs „Lokus“. Gemeint ist der von der Gasag verhängte Anschlußstopp für Gasinstallationen, der dem Unternehmen vor einer Woche per Rundschreiben von der Gasag mitgeteilt worden war.
Wie berichtet, will die Gasag bis 1991 keine Neuanlagen mehr genehmigen, da die Stadtgaskapazitäten erschöpft sind. Schon im vergangenen Jahr wollte die Gasag nämlich mit der Umstellung auf sowjetisches Erdgas beginnen. Die geplante Umstellung verzögert sich jedoch, weil der durch allierte Auflagen vorgeschriebene unterirdische Erdgasspeicher im Grunewald erst Mitte der neunziger Jahre in Betrieb gehen wird. Würde der Anschlußstopp tatsächlich vollzogen, sehen die „Lokus„-Leute in Zukunft ein großes Auftragsloch auf sich zukommen. Etwa vierzig Prozent des Jahresumsatzes, so schätzt ein Mitarbeiter, macht der selbstverwaltete Zehnpersonenbetrieb mit Gasinstallationen. Auch die Einstellung von zwei neuen Mitarbeitern, eigentlich für September geplant, sei dann fraglich.
Vor ähnlichen Überlegungen stehen derzeit viele der rund 600 Berliner Installationsbetriebe, die vor allem oder zum Teil Gasinstallationen durchführen. Besonders betroffen sind Betriebe, die wie „Lokus“ vornehmlich im Sanierungsbereich arbeiten. Statt umweltfreundlicher Gasheizungen müssen sie jetzt ihre Kunden auf ökologisch ungünstigere Ölanlagen verweisen. „Wir werden aber natürlich auch Solaranlagen empfehlen“, heißt es bei „Lokus“.
Insgesamt könnten dem Gewerbe Aufträge im Wert bis zu 90 Millionen Mark verloren gehen, so derzeitige Schätzungen. Bislang wurden jährlich rund 10.000 neue Gasanschlüsse ausgeführt. Durch den Anschlußstopp können jetzt nur noch die bereits bei der Gasag eingelaufenen Anträge bearbeitet werden. Die Zahl der neuen Gasanschlüsse wird sich dadurch, so eine Schätzung der Gasag im nächsten Jahr um rund die Hälfte reduzieren.
Daß in Sachen Anschlußstopp das letzte Wort noch nicht gesprochen worden ist, davon geht auch Dieter Mende, Sprecher der Technikkommission Gas der Innung für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, aus. Derzeit würden noch Verhandlungen mit der Gasag laufen. In dieser Woche soll auch ein Gespräch zwischen Innung und Senat stattfinden. Derzeit würden auch bei der Innung bereits Beschwerden von Installationsbetrieben einlaufen. „Natürlich hat uns die Entscheidung der Gasag aufgeregt“, gibt Mende zu. Aber es würden ja weiterhin Gasanlagen gebaut. Bei der Innung setzt man vor allem auf Ausnahme- und Sondergenehmigungen. In manchen Fällen, etwa bei Dachausbau, gehe nur Gas, da Öltanks nicht installiert werden könnten. Im übrigen habe die Branche bereits 1970 einen ähnlichen Anschlußstopp überlebt. Damals mußten Gasinstallationen ebenfalls eingeschränkt werden, da die vorhandenen Rohrleitungen zu schwach waren und erst neue Druckregler installiert werden mußten. Die Zahl der installierten Gasanlagen sei damals deutlich zurückgegangen, gibt Mende zu.
Genehmigte „Feuerstättenanträge“ für den Einbau von Gasetagenheizungen werden derweil zu einem gesuchten Objekt. Am Samstag wurde bereits eine entsprechende Kleinanzeige auf der taz-Lokalprärie entdeckt.
-guth
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