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Eine Schule für die Maisinsel

Neun Monate, nachdem der Hurrikan „Joan“ an Nicaraguas südlicher Atlantikküste schwere Zerstörungen angerichtet hat, sind nahezu sämtliche Schulen wieder aufgebaut - ein Gutteil davon finanziert aus Spenden der taz-LeserInnen. Von den 600.000 gesammelten D-Mark ist dabei noch einiges übriggeblieben (siehe die Abrechnung unten). Das restliche Geld soll nun auf Wunsch der lokalen Regierung für den Neubau einer Sekundarschule auf der Insel Corn Island verwendet werden, die 80 Kilometer von Bluefields entfernt im Atlantik liegt.

„Maisinsel“ ist ihr Name, aber sie hätte - bis zum Hurrikan - auch „Paradiesinsel“ heißen können. Ein Urlaubsparadies, von dem aus die Wipfel der Kokospalmen sich ins tiefblaue Wasser der Karibik beugen, wo aber nur eine Handvoll kleiner Pensionen Gäste empfängt; wo in den kleinen Garküchen und Restaurants kaum etwas anderes als Schildkrötenfleisch, Krabben und Langusten aufgetischt werden und wo Ketten aus schwarzer Koralle zu einem Spottpreis in den Werkstätten der Creoles, wie sich die schwarze Bevölkerung hier nennt, angeboten werden.

Wer heute die vier Kilometer von einer Spitze der Insel zur anderen läuft, kann nur noch ahnen, daß dort, wo nur noch abgebrochene Stämme in den Himmel ragen, einmal ausgedehnte Kokospalmenhaine gestanden haben.

Der Wirbelsturm zerstörte zudem nicht nur die meisten Häuser der 7.000 Einwohner, sondern oft auch ihren gesamten Hausrat und die Fischerboote. Viele Bewohner verließen die Insel, um auf dem Festland bei Freunden und Verwandten unterzukommen. Inzwischen wird die Einwohnerzahl wieder auf 5.000 bis 6.000 geschätzt.

Während die Regierung bemüht ist, mit internationaler Hilfe wieder Boote und Zubehör zu kaufen, bleibt die zweite traditionelle Einnahmequelle, der Verkauf und die Verarbeitung von Kokosnüssen zu Speiseöl, auf viele Jahre hinaus verschlossen. Auch der ohnehin bescheidene Tourismus hat auf der zerstörten Insel vorläufig keine Chance.

Da fast alles außer Meerestieren und Kokosnüssen auf die Insel gebracht werden muß, das meiste aus Managua, hat die Regierung jetzt die Befestigung und den Ausbau der holprigen Sandpiste, die bisher als Flugplatz diente, beschleunigt ein Projekt, das schon vor dem Hurrikan beschlossene Sache war. Die Piste rückt dann so nahe an eine ( vom Hurrikan nicht zerstörte) Sekundarschule heran, daß sie wegen des Lärms nicht mehr von den Kindern genutzt werden kann und in ein Flughafengebäude umgewandelt werden muß.

An anderer Stelle, zentral in der Mitte der Insel gelegen und für alle Kinder zu Fuß erreichbar, soll jetzt ein Neubau errichtet werden - mit den übriggebliebenen taz -Spendengeldern. Das Gebäude wird nicht nur Ersatz für die bisherige Schule, es soll nach den Plänen der Bürgermeisterin auch Versammlungs- und Veranstaltungsräume für die Jugend bieten, denn der inzwischen legalisierte Handel mit den ausländischen Booten, die von der kolumbianischen Insel San Andres kommen, schwemmt auch immer mehr harte Drogen, vor allem Kokain, auf die „Maisinsel“ eine starke Verlockung für die Jugendlichen, für die es bislang kaum Möglichkeiten gibt, ihre Freizeit sinnvoll zu nutzen.

Der Schweizer Architekt Walter Knöpfel, der auch schon die bisher von taz-Spenden gebauten Schulen konzipierte, hat den Entwurf für das Gebäude erarbeitet, das beiden Funktionen Schule und Freizeitzentrum - Rechnung trägt. Seit zwei Wochen ist der Ethnologe Robin Schneider, der lange Zeit an der Atlantikküste Nicaraguas gearbeitet hat, als Koordinator des Projekts vor Ort. Über den Verlauf werden wir von Zeit zu Zeit berichten.

Da in Nicaragua die Inflationraten nicht pro Jahr, sondern pro Monat gemessen werden, ist eine präzise Kostenkalkulation derzeit noch nicht mögich. Sollte sich herausstellen, daß das verbleibene Geld für die Finanzierung dieses Schulprojekts nicht ganz ausreicht, werden wir zu gegebeneer Zeit unsere LeserInnen nochmals bitten, den Diffenzbetrag durch Spenden zusammenzubringen.

Tonio Milone

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