„Wer sich interessiert, geht schon drauf los!“

■ Culture Club zum Vierunddreißigsten: Meta Hüske, Selfmadewoman

Meta Hüske wird jetzt schon in Amerika gelesen. Da sind neulich nämlich zwei Amerikaner, also ein Ehepaar, an ihren Stand gekommen, wahrscheinlich von einer Weserfahrt, die waren hingerissen insofern, als sie das Schild Höör mol 'n bäten to! auf Metas Käppchen sahen. „Ick bün dscho von hier, secht da“ der Mann zur erstaunten Meta Hüske und übersetzt auch gleich das Platte ins

Amerikanische seiner Frau. Aber auch „ein Vater aus Frankfurt“ hat schon bei ihr eingekauft, ach, überhaupt alle Möglichen und ganz Verschiedene.

Meta Hüske ist 63 Jahre alt und verkauft auf dem Bremer Flohmarkt selbstgemachte Bücher. Was heißt selbstgemacht! Meta Hüske ist eine Personalunion: Sie schreibt selbst, bindet selbst, bebildert selbst, verkauft selbst.

„An zu schreiben bin ich erst tatsächlich angefangen 1978.“ Aber das ist gleich richtig losgegangen. Ganz genau ist Meta Hüske Hausfrau und Rentnerin - wenn nicht Herr Hüske immer soo'ne Sachen erzählt hätte und erzählen würde, „aus seiner Kinnertied un Bremen“. So viele Geschichten wie für ein ganzes Buch. Da hat Meta Hüske überlegt: „Wie mackst dat nu?“ Und weil sie „von draußen“ vom Dorfe, erst von Emtinghausen, dann von Süstedt kommt, und mit einem Stiefvater aufgewachsen ist, „der war aber sehr gut “, muß sie sagen, ein Schuster, da habe sie Glück gehabt, also, weil der auch so viele plattdütsche Geschichten erzählt hat, „davon ist das dann gekommen“, daß sie beschlossen hat, nicht nur mal was, sondern überhaupt zu schreiben und „nett zu bringen auf die platte Art“. Und dann ist sie vom Schreiben nicht mehr losgekommen.

„Also, wenn sie einmal anfangen mit irgendwas schreiben, dann sind sie da so drin vertieft! Also überall lagen nachher meine Zettel. Das muß gedanklich ja festgehalten werden! Sonst ist das ja weg!“ Jetzt muß sie aber doch lachen, wie über eine Vermessen

heit; so sehr, daß ihre zierlichen Ohrringe zu zappeln anfangen.

Wir stehen hinter ihrem Verkaufsständchen voll Bücher, drei quergelegte Campinghocker („Nein, das sind Balkonstühlchen!“) mit drei Plastikdeckchen drauf, die Kajenmauer mit den Schreihälsen vom Kajenmarkt im Rücken, vor unserem Weserblick unheimlich samstägliche FlohbummelantInnen. In eine Mauerritze hat Meta Hüske einen Schildbügel drapiert: Schauen, ansehen oder auch kaufen, bei mir kommst du nicht unter die Füße, in Plattdütsch selbstverständlich, „raffiniert“ doppeldeutig von ihr angelegt. Meta Hüske verfolgt damit ein Verkaufskonzept, „weil man auffallen muß“. Wer erst mal anfängt, den Text zu studieren, der ist als Kunde schon halb gewonnen.

Heute hat sie schon drei Bücher verkauft und noch mehr plattdütsche Verkaufsgespräche geführt. Im Frühjahr letzten Jahres hat sie ihren Selfmade-Verkauf angefangen. Seitdem kommt sie jeden Samstag, außer, „wenn's ganz und gar Strippen regnet“, mit dem Bus und ihrer dicken schwarzen Tasche aus Findorff angefahren. Allein 22 Mal letztes Jahr, mit einem Buch-Umschlag von 196

Stück. So ca. 32,50 DM Wechselgeld hat sie immer dabei. Nein, hinsetzen tut sie sich nie, „da kommt man aus dem Kreuz nicht mehr hoch“. Neeiin, die fünf Stunden Stehen sind doch nicht schlimm. Sie mag einfach gerne auf die Leute zu- und kann ja jederzeit nach Hause gehen. „Familiär“ ist es jetzt schon an der Weser, sie winkt sich mit einigen, und mit Kundschaft war sie ja immer irgendwie beschäftigt. Ob als Stuben-und Hausmädchen auf dem Gutshof, beim Zahnarzt, in der Bäckerei, ob als Kleberin in der Regenmantelfabrik („So Grüne und Graue und jenachdem“), ob als Botin im Seifengroßhandel, wo sie auch gleich kassiert hat. „Gegebenheiten“, sagt Meta Hüske dazu, wie zu einem anderen Leben.

Heute „verdient“ sie mit ihren Büchern ca. 60 Pfennig pro Stück, und die sehen rührend schön aus wie Fotoalben von Großmüttern. Für die Bilder

schneidet sie Figuren aus, „was mir so in die Hände fällt“, die klebt sie zu Collagen und malt alles schwarz an, wegen der Urheberrechte. Außerdem kann man mal drüberwegschneiden, „in unserm Alter!“. Damit der Platz gut ausgefüllt ist, haben alle Figuren „was in den Fingern“. Zusammen mit den Schreibmaschinentexten werden sie dann fotokopiert und im Winter, „beim Fernsehen“, gelocht und gebunden. Dann klebt sogar „Vati“ Verstärkungsringe.

Ihr Programm umfaßt u.a. ein Bremen-Buch, die Kinderbücher „Plietsche Wiespol trüchors“, (raffinierter Wegweiser zurück), ein „Billerbook mit Riemels„(Bilderbuch mit Reimen). Sogar Köttkrimis (Kurzkrimis).

Das schlimmste wäre, ihre Geschichten landeten in der Schublade, das wäre ein Leben ohne Spaß. „Im großen und ganzen bin ich nämlich für die lustigen Sachen.“ Claudia Kohlhas