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„Die Chop-Suey-Gang“ - Tatort Bremen, 12.Teil

■ Der taz-Sommerkrimi in 32 Folgen / Aus einem Roman von Jürgen Alberts

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Kurz vor Feierabend stattete Davids seinem Kollegen Schmückel einen Besuch ab. Der Kriminalhauptkommissar trug einen hellroten Pullover und war verzweifelt. „Sie kommmen ganz und gar ungelegen, Davids, muß es gerade heute sein?“ Joe Davids schüttelte den Kopf: „Ich kann auch wieder gehen.“

Er hatte sich am Morgen entschlossen, Schmückel einen Hinweis zu geben, er wollte seine Erkenntnisse nicht völlig aufdecken, aber Schmückel mußte wissen, daß sich hier Formen der Mafia entwickelten, sonst würde er noch Wochen an einem Restaurantbrand samt einem verbrann

ten Besitzer herumforschen.

„Was gibt's denn?“ fragte Schmückel ärgerlich.

„Ich wollte, ich meine, wenn sie mich heute nicht gebrauchen können...“

„Den ganzen Tag geht das Telefon, ich hatte gerade die ersten Fäden des Falles aufgenommen, es gibt sogar zwei Verdächtige, und dann kriege ich mittags das hier auf den Tisch.“ Mit einem eleganten Schwung verschwand er hinter seinem Schreibtisch und holte einen Schuhkarton hervor, stellte ihn auf den Tisch. Als wollte er ein Kaninchen erscheinen lassen, öffnete er den Deckel: „Bitte sehr.“

Joe Davids kam die Hand bekannt vor.

„Aber das ist doch gut“, wandte der Oberkommissar ein, „jetzt hat Ihre Leiche wieder zwei Hände, oder? Da müßten Sie doch ganz glücklich sein.“

Davids verstand die Verzweiflung seines Kollegen nicht. Aber er hatte von diesem Kommissar gehört, daß ihn schon kleinste Widersprüche aus der Bahn werfen konnten. Einmal gab es einen

Mord an einer hübschen Frau, die stets ohne Büstenhalter gesehen worden war, nur als Leiche trug sie einen BH. Diesen Widerspruch hatte Schmückel nicht aufklären können, obwohl der Mörder gefaßt und verurteilt wurde. Er konnte sich Jahre später noch darüber aufregen.

„Was heißt hier zwei Hände, Davids? Ich habe jetzt drei.“

„Wie bitte?“

„Es sind drei Hände. Die anderen beiden liegen säuberlich bei der Gerichtsmedizin. Passen zur Leiche, haben die gesagt. Und, weil alle Welt glaubte, mir fehlt eine Hand, krieg‘ ich dieses Stück hier auf den Tisch geknallt. Die wissen nicht, was sie mir damit antun.“

Joe Davids wußte nicht, wen Schmückel damit meinte, aber er war wieder unsicher geworden, ob er in diese Verzweiflung hinein etwas von seinen Erkenntnissen mitteilen sollte. Immerhin würde das Bild dadurch nicht klarer.

KHK Schmückel strich um seinen Schreibtisch, immer den Blick auf die Hand gerichtet. „Am lieb

sten würde ich sie Lang ins Büro legen, damit er jemand anderen beauftragt. Ich will diese Hand nicht.“

Davids sagte: „Die zwei Verdächtigen, wo kommen die denn her? Auch Chinesen?“

Er hatte vorsichtig gefragt, leise.

„Was interessiert Sie das eigentlich?“ zischte Schmückel, „Sie kommen hierher und stecken die Nase in meinen Fall...“

„Ich wollte ja nur, ich meine...“

„Was wollten Sie?“ Schmückel war erregt. „Kontrollieren Sie mich?“

Joe Davids wehrte ab. Sie standen an einem Aprilnachmittag im Büro und stritten wie zwei Oberschüler, die sich gegenseitig des Rauchens bezichtigten.

Joe Davids räusperte sich, dann sagte er: „Haben Sie schon einmal daran gedacht, daß dies alles, ich meine, der Brand, die Leiche, die Hände...“

„Drei, es sind drei Hände“, stöhnte Schmückel.

„Daß das alles mit einer Art Mafia zu tun haben könnte. Ich meine, wenn man das so sieht...“

„Kollege Davids“, jetzt stand

Schmückel vor ihm, seine Nasenflügel bebten, „wenn Sie mich verulken wollen, dann machen Sie das woanders, ich kann heute solchen Quatsch nicht auch noch anhören. Raus.“

Davids war verwirrt. Er hatte helfen wollen oder auch sein Gewissen erleichtern, denn schließlich hatte er einiges entdeckt und bisher verschwiegen, aber sein Kollege wollte von alledem nichts wissen. Er drehte sich um.

„Und passen Sie auf, daß ich Ihnen nicht auch noch eine Abmahnung reinhänge, wegen Kollegenbeleidung oder sonstwas.“ Schmückels Stimme überschlug sich.

Als Davids vor der Tür stand, wußte er, warum Schmückel sich so aufgeregt hatte, aber das mußte er für sich behalten.

Joe Davids strich sich mit dem Zeigefinger über die Rückgratlinie, ganz vorsichtig, langsam, bis zu den gestrafften Pobacken.

„Hab‘ keine Lust, drüber zu reden!“

Sie waren erst weit nach Mitternacht in die Wohnung des Chinesen gekommen, weil zwei Gäste

den Nachhauseweg nicht fanden, sie aßen und tranken und wurden immer lauter, und da der kleine Chen niemals Gäste hinauswarf, mußten sie warten. Davids trank Mineralwasser. In der Wohnung hatten sie sich ausführlich verwöhnt, miteinander geschlafen und wenig geredet. Jetzt war es kurz nach drei. Bald würde es hell werden, und Davids mußte in den Dienst.

„Iche weiß, daß du an die Sache denkst mit der Hand, aber du haste nichts gesagt, oder?“

Davids schüttelte den Kopf. „Aber ich muß bald was sagen, Xiao Chen, ich bin bei der Kripo. Das kann mich meinen Job kosten. Hast du Angst vor Ah San Chan?“

Xiao Chen rückte von ihm weg.

„Woher kennste du den Namen?“ Er flüsterte. „Du darfst den Namen nicht erwähnen, Joe. Bitte. Die machen diche alle!“

Davids lachte.

„Bevor mich jemand abknipst, muß er...“

Draußen knackte irgendwas, er unterbrach sich. Fortsetzung folgt morgen

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