: Werder soll Sonderbusse bezahlen
■ Finanzierung durch die Stadt läuft im September aus / Willi Lemke: „Die Kirche im Dorf lassen“
Der vor einem Jahr mit viel Vorschußlorbeeren eingerichtete Park&Ride-Service zu den Heimspielen des SV Werder Bremen ist gefährdet. Gestern beschlossen nacheinander die Sportdeputation und der Haushaltsausschuß, daß das Land Bremen die Kosten von 160.000 Mark jährlich nur noch bis zum 15. September tragen wird. Bis dahin soll die Konzeption überprüft werden, um zu einer Lösung zu kommen, die den Haushalt geringer oder gar nicht mehr belastet.
In der Tat ist das Angebot, das Auto am Hemelinger Hafendamm abzustellen und mit dem Bus weiterzufahren nicht sonderlich gut angenommen worden. In der Hinrunde der letzten Saison wurde in den Bussen lediglich 612 Fans pro Spiel gezählt, in der Rückrunde stieg die Zahl der Be
nutzerInnen auf 778 Fans. Kosten pro Fahrgast: 9,38 Mark.
Nun wird im Innenressort über eine Einschränkung des bisherigen Angebotes nachgedacht. So wird zum Beispiel überlegt, Park&Ride nur noch zu Schlagerspielen anzubieten, oder für die Stellplätze direkt am Stadion künftig eine Parkgebühr anzubieten. Außerdem soll in einem Gespräch mit dem SV Werder Ende August über eine finanzielle Beteiligung des Vereins für den Fan-Service verhandelt werden. Hatte doch Werder-Manager Willi Lemke noch vor Jahresfrist laut darüber nachgedacht, daß auf jede Eintrittskarte ein 50 -Pfennig Zuschlag für Park&Ride kassiert werden könnte.
Davon will er nun nichts mehr wissen. „Das Ergebnis des Versuchs ist nicht so, wie wir uns das
vorgestellt haben“, so Lemke gestern zur taz. Es sei Fahradfahrern und Fußgängern nicht zuzumuten mit ihren Eintrittspreise Park&Ride für Autofahrer zu finanzieren. Mit dem neuen Verkehrskonzept habe es viel Ärger mit den Dauerkarteninhabern gegeben, die seither ihre Wagen nicht mehr in den Seitenstraßen am Stadion abstellen können. Zudem zahle Werder im Jahr 600.000 Mark Stadionmiete und 7 Millionen Mark Steuern. Jetzt solle man auch noch die Rasenpflege, das Fan-Projekt, die Südtribüne, eine Fähre und das Park&Ride-Angebot bezahlen. „Die sollen die Kirche mal im Dorf lassen. Sonst sind wir in einem Jahr pleite.“ Außerdem habe die Straßenbahn bei der Organisation etliche Fehler gemacht. „Egal welches Spiel, immer sind 40 Busse
im Einsatz. Die denken: 'Das ganze zahlt sowieso der Steuerzahler, das juckt uns nicht.‘ Das ist das sozialistische Modell“, urteilt der ehemalige SPD -Geschäftsführer Lemke.
Sportsenator Volker Kröning mochte sich gestern nicht öffentlich mit den Lemke-Äußerungen auseinandersetzen. Aber auch er meint, daß Werder „keine Kuh ist, die man unbegrenzt melken kann.“ Doch eine Dauersubvention für Veranstaltungen im Weser Stadion will Kröninmg auch nicht. „Das muß auf Veranstalter und Kunden umgelegt werden.“
Konkreter wurden da gestern die Grünen. Per Pressemitteilung forderten sie, den Osterdeich für Autofahrer unattraktiv zu gestalten. Erst dann könne mit breiterer Resonanz für den Busservice gerechnet werden.
hbk
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