: Mit Gauweiler den Reps das Fürchten lehren
Der CSU-Staatssekretär bereitet sein Comeback vor / Nach Entmachtung jetzt zum Vize der Münchner CSU gewählt / „Wahlkampfwaffe“ gegen Republikaner ■ Aus München Luitgard Koch
Vor wenigen Wochen feierte der Jungeselle mit den maßgeschneiderten Anzügen seinen 40.Geburtstag. Alles was Rang und Namen hat in Bayerns Polit- und Wirtschaftswelt, von Ministerpräsident Streibl, seiner Ministerriege Tandler und Stoiber über Fernsehdirektor Wolf Feller bis hin zum einstigen Strauß-Duz-Freund und Mercedes-Statthalter Karl Dersch, ist auf der Party vertreten, um dem schneidigen CSU -Staatsekretär zu gratulieren.
Seine Vorzeigefreundin Eva bekommt den umtriebigen Populisten kaum zu Gesicht, soviele Hände muß der „schwarze Peter“ schütteln. Besonders stolz ist der gewiefte Taktikter auf ein kleines Fahradmodell. Ein selbstgebasteltes Geschenk für den „Politradler“ von seinem „alten Freund“ Fritz Teufel. Doch richtig abstrampeln muß sich Gauweiler derzeit freilich nicht mehr. Schon gewinnt der gelernte Jurist in CSU-Kreisen wieder an Beliebtheit. Denn offfensichtlich wird der ehemalige Strauß-Zögling jetzt als willkommene Wahlkampfwaffe gegen die „Republikaner“ gebraucht.
Nach dem Tod seines Förderers Strauß, mit dem sich der christsoziale Musterschüler regelmäßig zum Weißwurstessen und Austausch von „prägenden Gedanken“ traf, war der Hardliner nämlich von seinen Parteispezln erst einmal zurechtgestutzt und etwas ins politische Abseits gedrängt worden. Bei der Kabinettsumbildung im vergangenen Herbst stürzte der Senkrechtstarter, der einst mit 23 Jahren als jüngster Stadtrat ins Münchner Rathaus eingezogen war, jäh ab. „Ich halte es für gut, wenn Peter Gauweiler sein Spektrum ein bißchen erweitert“, erklärte der frischgebackene Innenminister Edmund Stoiber damals süffisant bei dessen Entmachtung. Dem „Saubermann“ wurde neben der Zuständigkeit für die Polizei auch sein Steckenpferd, die Aidsbekämpfung - unter seiner Regie entstand der umstrittene bayerische Aidsmaßnahmenkatalog weggenommen.
Noch ein Jahr zuvor hatte Stoiber die von Strauß durchgeboxte Ernennung Gauweilers zum zweiten Staatssekretär im bayerischen Innenministerium gegenüber der Opposition vehement verteidigt. Laut bayerischer Verfassung ist nämlich je Ressort nur ein Staatssekretär vorgesehen. Die Verfassung müsse eben „elastisch“ gelesen werden, hatte Stoiber noch gekontert.
Schwarze Karriere
mit Blaulicht
Als zweiter Staatssekretär neben Heinz Rosenbauer und dem angeschlagenen damaligen Oberpfälzer Innenminister August Lang sollte Gauweiler nach der Umbildung des Strauß -Kabinetts im Herbst 1986 schlagkräftig die politische Durchsetzbarkeit der inzwischen ad acta gelegten „Oberfälzer -Atommüllfabrik“ vorantreiben. Noch vor Verabschiedung der spektakulären „Anti-Terror-Gesetze“ hatte der Scharfmacher dafür gesorgt, daß der Paragraph 130 a (Anleitung zu Straftaten) in Bayern angewandt und die Anti-AKW-Konferenz in Regensburg verboten wurde. Lieb Kind dagegen machte sich der einstige CSU-Jungstar bei der Polizei.
Zur Weihnachtsfeier ließ er sich bei den 1.000 in Wackersdorf diensttuenden Beamten einfliegen und überbrachte neben Weißwürsten mit Brezn den Dank des bayerischen Freistaates. Als er jedoch anfing, Polizeilotsen ins Innenministerium zu zitieren, um sie mit einem allgemeinen Appell zur Sauberkeit zu maßregeln, als er die Landtagspolizei bei seinem Erscheinen strammstehen ließ und einen dienstleitenden Beamten abkanzelte, weil dieser ihm einen Dienstwagen mit Blaulicht verweigert hatte, war's mit der anfänglichen Polizei-Sympathie für den großen „Ordnungshüter“ zunächst vorbei. Für Blaulicht und Hubschrauber hat „Blauweiler“ eben eine Schwäche. Das bekamen auch seine Nachbarn in Berg am Starnberger See zu spüren. Sie beschwerten sich über den Fluglärm, den der Hausherr verursachte, wenn wieder einmal der Hubschrauber vor seiner 1,2 Millionen-Mark-Villa landete, um ihn abzuholen.
Aber selbst seinen Parteifreunden waren die Eskapaden und der schnelle Aufstieg des selbstherrlichen Hobbyschützen längst ein Dorn im Auge. Fortan sollte sich der flotte Staatssekretär nur noch um die Risse in den Spannbetondecken bayerischer Viehställe, um den Zustand der bayerischen Flüsse und Seen sowie den Wohnungsbau kümmern. In den Wandelgängen des Maximilianeums lästerten die Abgeordneten, daß dann wohl „die Gebirgsbäche aufwärts fließen“ und „Dammbrüche“ nachgestellt werden. Die makabere Nachstellung des Gladbecker Geiseldramas in einer Münchner Polizeikaserne, die der „Obersheriff“ genüßlich inszenierte, lag erst wenige Monate zurück.
Der Karriereknick konnte dem Polit-Fanatiker jedoch nicht allzuviel anhaben. Schon in kürzester Zeit war der auf Schonkost gesetzte CSU-Tiger wieder in den Schlagzeilen. Eine der ersten Aktionen seiner Arbeitskraft: die publikumswirksame Anordnung, daß auf Straßenbaustellen rund um die Uhr gearbeitet wird.
Gedanken machte sich Gauweiler auch um das Gepäckproblem von Fluggästen, wenn erst einmal der Münchner Großflughafen im Erdinger Moos fertig gebaut sein sollte. „Wie funktioniert der Transport zu den 30 Kilometer entfernten Abfertigungshallen in Erding?“ fragte sich der Ehrgeizling allen Ernstes. Seine Idee: ein zentraler Gepäckbahnhof im Münchner Hauptbahnhof.
Gauweiler
gegen die Republikaner
„Der politische Wind bläst uns voll ins Gesicht“, hatte der ehemalige Münchner OB und jetziger CSU-Chef der Landeshauptstadt, Erich Kiesl, bereits vor der Europawahl sorgenvoll festgestellt. Das schlimmste Ungemach droht von den Republikanern, wußte der gebürtige Niederbayer. Zwar hatte Kiesl seinen Parteifreund Gauweiler nach dessen Entmachtung als „nicht zugerittenen wilden Hengst, der einen starken Reiter braucht“, bezeichnet, jetzt jedoch erscheint ihm dieses wilde Pferd als das richtige Mittel, um den Republikanern das Fürchten zu lehren. Hatte nicht Rep-Chef Schönhuber selbst die Degradierung Gauweilers als schwerwiegenden Fehler kritisiert? Der Name Gauweiler stehe für eine Politik, die sich „wenigstens verbal an den Sicherheitsinteressen des Bürgers“ orientiere, so Schönhuber. Wenn Gauweiler fallengelassen werde, sei zu befürchten, daß die CSU ihre „bisherige Korrektiv-Funktion“ aufgebe und zum „pflegeleichten Anhängsel der CDU“ verkomme.
Warum also nicht den Teufel mit Beelzebub austreiben, mag sich Erich Kiesl gedacht haben. Außerdem haben die beiden, Gauweiler und Kiesl, einen gemeinsamen erfolgreichen Wahlkampf hinter sich. Damals, 1978, leitete Gauweiler mit Geschick den Wahlkampf für den CSU-Oberbürgermeister. Zum Dank dafür hievte ihn Alt-OB Kiesl auf den Chef-Sessel im Münchner Kreisverwaltungsreferat. Und auch kürzlich hat sich diese Seilschaft wieder bewährt. Mitte Juni kürte die Münchner CSU Peter Gauweiler zum Kronprinzen. Mit Gauweiler als „Wahlkampfwaffe“ gegen die Republikaner in der Hinterhand, konnte sich der in den eigenen Reihen unter Beschuß geratene Kiesl gegen seinen farblosen Herausforderer, den CSU-Landtagsabgeordneten Paul Wilhelm durchsetzen. Und Peter Gauweiler kommt damit auf seiner Suche nach einer Hausmacht innerhalb der CSU einen wichtigen Schritt weiter. Mit 89 Ja-Stimmen heimste Gauweiler das beste Ergebnis auf dem MÜnchner CSU-Parteitag ein. Kiesl selbst pries ihn als „einen Hoffnungsträger der CSU“ an. Es steht bereits fest, daß Kiesl in zwei Jahren, wenn er 20 Jahre lang die Münchner CSU geleitet haben wird, nicht mehr für den Vorsitz kandidiert. Der Posten wäre dann für Gauweiler frei.
Aber auch auf der Suche nach einem Landtagsmandat kommt Gauweiler bestens voran. War zuerst die Rede davon, daß der „Meister Propper“ eventuell den Wahlkreis des verstorbenen CSU-Landtagsabgeordneten Karl Schön übernehmen soll, will die CSU-Spitze vor Ort den frischgebackenen Kronprinzen zum neuen Landtagskandidaten und Nachfolger der bisherigen CSU -Abgeordneten Elisabeth Biebl im Wahlkreis Schwabing aufbauen. Dort liegt nämlich auch seine ehemalige Anwaltskanzlei sowie sein Amtssitz am Odeonsplatz und auch das Maximillianeum. „Dann hat er alles unter Kontrolle“, wird in der CSU bereits gewitzelt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen