: Vogel stoppt rot-grüne Serientäter
■ „Flächendeckende“ Gespräche unerwünscht / „Informeller Meinungsaustausch“ mit den Grünen erlaubt / Parteirechte üben Kritik / Koalition stichelt über Machtverlust des SPD-Chefs
Bonn (AP) - Der SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel hat förmlichen Gesprächen zur Vorbereitung eines Regierungsbündnisses zwischen Sozialdemokraten und Grünen einen Riegel vorgeschoben. „Wir haben überhaupt keinen Grund, von uns aus Koalitionsdebatten zu beginnen“, sagte der Vogel am Freitag dem Norddeutschen Rundfunk. Gegen einen „informellen Meinungsaustausch“ wie den zwischen Außenpolitikern der Oppositionsparteien habe er jedoch „überhaupt nichts einzuwenden“. Sie seien im Gegenteil „durchaus hilfreich“.
Vier Wochen nach dem geheimgehaltenen Treffen zwischen zwei Präsidiums- und drei Vorstandsmitgliedern der SPD und prominenten Grünen auf Schloß Crottorf wandte sich der Parteivorsitzende gegen die Absicht, in weiteren acht bis neun Runden Grundsatzpositionen abzuklopfen. Es sei ein Unterschied, ob man gelegentlich zusammenkomme „oder ob der Eindruck entsteht, es würde eine ganze Serie von Gesprächen, womöglich auch noch flächendeckend, veranstaltet“, gab Vogel zu bedenken. Wenn die Teilnehmer des Gesprächs mit den Grünen - darunter sein Stellvertreter im Fraktionsvorsitz, Horst Ehmke - aus dem Urlaub zurück sind, will der SPD-Chef mit ihnen darüber sprechen, wie der Eindruck entstehen konnte, es werde ein Bonner Bündnis für die Zeit nach der Wahl Ende 1990 vorbereitet. Den von Sprechern der Koalition geäußerten Verdacht, er sei von seinen Parteifreunden nicht informiert worden, wies Vogel zurück. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Friedrich Bohl, erklärte unterdessen: „Entweder herrscht in der SPD-Führung ein wirres Durcheinander und der SPD-Chef Vogel hat an Ansehen und Macht in seiner Partei verloren, oder er unternimmt einen groß angelegten Täuschungsversuch auf höchster Ebene, um die rot-radikalen Geheimtreffen zusätzlich zu verschleiern.“ Der Sprecher der Grünen-Fraktion, Helmut Lippelt, hielt dem SPD-Chef vor, zu einer übervorsichtigen Haltung zurückzukehren. Die SPD könne nur mit den Grünen die Bundesregierung ablösen. „Und da muß man vorher Sachpositionen abklären.“
Eine Gruppe zum rechten SPD-Flügel gerechneter Parlamentarier nutzte die Attacken der Regierungskoalition auf ihre Partei, sich in 'Bild‘ zu Wort zu melden. Horst Grunenberg warnte davor, die Grünen als seriöse Gesprächspartner aufzuwerten. Horst Niggemeier forderte sozialdemokratische „Kreuz- und Querdenker“ auf, sich auf die Bekämpfung von Grünen und Union zu konzentrieren. Dieter Haack erklärte, wenn die stellvertretende Parteivorsitzende Däubler-Gmelin sage, Gespräche wie die mit den Grünen fänden auch mit Vertretern anderer Parteien statt, so sei das gelogen.
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