: Ungarns Zentralkomitee empfiehlt Selbstauflösung
Budapest (afp/dpa/taz) - Ungarns Kommunisten reformieren sich weiter. Nachdem dem Zentralkomitee bereits im Juni statt des bisher üblichen Parteichefs ein vierköpfiges Präsidium vorangestellt worden war, empfahl das ZK auf einer Wochenendsitzung dem für den 6.Oktober anberaumten Parteitag eine weitere Reorganisation. Demnach soll das Politbüro als bisher exklusivstes Führungsgremium durch ein „Nationalpräsidium“ ersetzt werden. Ihm würden neben dem Parteipräsidenten und seinem Vize auch sein Exekutivsekretär, der Parlamentsfraktionschef, Parteisekretäre auf nationaler Ebene und sieben bis zehn weitere Mitglieder angehören. Ein „Nationalkomitee“ soll die Provinzgliederungen der KP umfassen. Setzen sich diese Vorstellungen durch, wäre das 118köpfige Zentralkomitee überflüssig geworden.
Auch gläubig sein dürfen die ungarischen Genossen. Die KP, hieß es dazu in einem Beschluß, wolle in Zukunft „keine atheistische Partei“ sein. Ihren Mitgliedern wurde „volle Glaubensfreiheit“ zugesichert. Beobachter vermuten hinter diesem Schritt den Versuch der KP, vor den im Sommer nächsten Jahres geplanten Parlamentswahlen ihr Image aufzupolieren. Bei Nachwahlen zum Parlament im Juli hatte die KP eine deutliche Schlappe erlitten.
In einem überraschenden Interview für die 'Neue Berliner Illustrierte‘ in Ost-Berlin, das im 'Neuen Deutschland‘ als Vorabdruck erschien, äußerte sich der ungarische KP -Generalsekretär Karoly Grosz freimütig zum neuen Kurs seiner Partei. So rechne seine Partei damit, daß sie „die Machtausübung mit anderen Parteien teilen muß“. Momentan sei ein Kampf an mehreren Fronten nötig: „Zunächst gegen uns, weil wir uns von unserem Konservatismus befreien müssen.“ Zur Veränderung der Eigentumsstrukturen meinte Grosz, eine Gegenüberstellung von Kapitalismus und Sozialismus sei nicht um jeden Preis sinnvoll. Es gelte, eine Kooperation unterschiedlicher Eigentumsformen in der Gesellschaft zu erforschen. Ausdrücklich erwähnte er die herausragende Rolle der Presse bei der Demokratisierung Ungarns.
khd
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