: Bremer Lehrerin will DGB vorsitzen
■ Ehemalige GEW-Vorsitzende bewirbt sich als einzige Bremerin um Nachfolge von DGB-Chef Heinz Möller
Der Vorsitzende von Bremens größter und mächtigster Einzelgewerkschaft, IG-Metall-Vorsitzender Heinz Meinking, hat ein persönliches Prinzip: „Wenn über Geld gesprochen wird, halte ich mich raus.“
Konsequentes öffentliches Stillschweigen hat Meinking sich vorerst auch in der Frage verordnet, welcher Kandidatin bzw. welchem Kandidaten er seine Stimme geben wird, wenn Anfang September im Bremer Kreisvorstand des DGB über die Nachfolge des bisherigen DGB-Chefs
Heinz Möller entschieden wird. Bis dahin soll eine fünfköpfige „Findungskommission“ dem Vorstand geeignete Kanidaten präsentieren. Bis zum 24. Juli waren alle 17 Einzelgewerkschaften in Bremen aufgefordert, der Findungskommission schriftlich geeignete BewerberInnen aus den eigenen Reihen vorzuschlagen. Heinz Meinking, selbst in der Findungskommission, sybillinisch zur Frage, ob die IG -Metall von diesem Recht Gebrauch gemacht habe: „Einen Brief geschrieben haben wir nicht“.
Trotzdem ist - eine Woche nach „Bewerbungsschluß“ inzwischen raus, wer Anfang September eingeladen werden soll, wenn die KandidatInnen sich persönlich bei der Findungskommission vorstellen sollen, und ein IG-Metaller ist auch dabei: Er heißt Siegfried Schmidt und verfügt über einschlägige Berufserfahrung. Schmidt ist zur Zeit noch DGB -Kreisvorsitzender in Braunschweig, dort allerdings von der Wegrationalisierung seines Postens bedroht. Im Rahmen einer personal-kostendäm- pfenden „Strukturrefom“ soll Schmidts DGB-Kreis mit dem Nachbarkreis Salzgitter zusammengelegt werden. Ein niedersächsischer DGB-Kreisvorsitzender wäre damit überflüssig und stünde für anderweitige Gewerkschaftsaufgaben zur Verfügung - z.B. den Kreisvorsitz in Bremen. Schmidt selbst kann sich zu seinen beruflichen Veränderungswünschen zur Zeit nicht äußern, er ist im Urlaub. Bei seinen MitarbeiterInnen in der Braunschweiger DGB-Zentrale sind seine Wechselabsichten allerdings offenes Geheimnis.
Ein(e) GegenkandidatIn hat sich in keiner der Bremer Industriegewerkschaften gefunden. Auch in der mit über 30.000 Mitgliedern zweitgrößten Bremer Einzelgewerkschaft ÖTV will niemand den Bremer DGB führen. Schmidts einzige Bremer Mitberwerberin um den DGB-Vorsitz ist Pädagogin, Beamtin auf Lebenszeit und ehemals an der Freien Universität Berlin und in deren „Roten Zelle Historiker“ zur Geschichtslehrerin ausgebildet worden. Es handelt sich um die langjährige Ex-Vorsitzende der Bremer GEW, Helga Ziegert. Mit Siegfied Schmidt verbindet sie, daß auch sie zur Zeit in Urlaub ist. In Schulzeiten leitet Ziegert für die GEW nebenher die Redaktion der „Bremer Lehrer-Zeitung“.
Gewerkschafts-Insider schätzen das Rennen zwischen dem „zugereisten“ Metaller Siegfried Schmidt und der Beamtin mit „Bremer Stallgeruch“ als durchaus offen ein. Für die Bremerin spricht allerdings nicht allein der Wohnsitz, sondern z.B. auch die Tatsache, daß in DGB-Kreisen der Gedanke an eine Frau an der Spitze allmählich „denkbar“ wird. Entscheidender wird allerdings sein, ob die Bremer Lehrerin am 30. September, wenn die 60 DGB-Delegierten das letzte Wort haben, die Stimmen der ÖTV auf sich vereinigen kann.
Bis dahin sind für die fünfköpfige Findungskommission Wohnsitz und Geschlecht offiziell höchstens zweitrangige Kriterien. Findungskommisssions-Sprecher Heinz Böttner (IG Chemie): „Wir wollen Kreisvorstand und Delegierten die qualifizierteste Kandidatin bzw. den qualifiziertesten Kandidaten vorschlagen“. Einen „Eingeborenenbonus“ soll es dabei ebenso wenig geben wie eine Präferenz für andernorts ausrangierte DGB-Funktionäre. Böttner, ohne Namen von Kandidaten zu nennen: „Es geht überhaupt nicht darum, irgendeinen aufzulesen, der woanders übriggeblieben ist. Und wir ließen uns auch von niemandem einen DGB-Kreisvositzenden aufschwatzen, der nicht unseren Kriterien genügt.“
K.S.
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