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Freiflugschein für Pilotin Klein

AL-Senatorin verteidigte sich vor der Presse: Pilotenspiel aus heutiger Sicht problematisch / Aber: Nie an Rücktritt gedacht / Parteivorstand und Fraktion der Grün-Alternativen stellen sich hinter die Glücksspielerin  ■  Aus Berlin Brigitte Fehrle

Als „absurd, erfunden und erlogen“ bezeichnete gestern die Berliner Jugendsenatorin Anne Klein (AL) die von der CDU kolportierte Behauptung, sie habe nicht nur einmal, sondern mehrmals und als Initiatorin am sogenannten „Pilotenspiel“ teilgenommen. Allerdings hat sie im Kern die in der letzten Woche verbreiteten Informationen über ihre Teilnahme am Pilotenspiel bestätigt. Nachdem sie seit nunmehr einer Woche als „Zockerin“ auf den Titelseiten der Berliner Zeitungen ist, hat sie am Wochenende ihren Urlaub unterbrochen. Am Samstag sprach sie mit dem Regierenden Bürgermeister Walter Momperund Vertretern der AL.

Sie habe, erläuterte sie vor der Presse, an einer kompletten Runde des Spiels teilgenommen. Dazu gehörten mehrere Treffen. Den Einsatz von 3.000 Mark habe sie sich mit einer Freundin geteilt. Gemeinsam hätten sie 21.000 Mark gewonnen. Sie habe von ihrem Anteil 1.000 Mark an ein soziales Projekt gespendet. Diese Spende sei auch versteuert worden. Den Spielgewinn insgesamt habe sie nicht versteuert, das sei nicht vorgeschrieben. Sie habe selbstverständlich, sagte Senatorin Klein weiter, auch andere Mitspieler und Mitspielerinnen geworben, das sei schließlich das Prinzip des Spiels. Auch daß die Party auf der ihr Gewinn gefeiert wurde, bei ihr stattgefunden hat, räumte Frau Klein ein. Das sei Teil der Spielregeln gewesen. Danach sei sie nur noch einmal zu einer solchen Party eingeladen gewesen, habe auch teilgenommen, aber keinen Einsatz mehr geleistet. Frau Klein wehrte sich allerdings gegen die in ihren Augen „diffamierende“ Behauptung des CDU-Abgeordneten Wienhold, sie sei in Spielerkreisen bekannt. Ihr Name sei nicht „Zocker-Zora“, sie heiße Anne Klein, sagte die Senatorin. Sie besuche auch keine einschlägigen Lokale und habe an keinen Spielen um Geld teilgenommen, außer am Lotto. Auch ähnlich geartete Spiele wie das „Pilotenspiel“ habe sie nie gespielt. Aus ihrer heutigen Sicht beurteile sie das Pilotenspiel als „außerordentlich problematisch“, sagte Frau Klein. Ein „Partygag“ sei das damals gewesen, mit dem sich besserverdienende Leute einen „Nervenkitzel“ verschafft haben. Sie habe damals „verdrängt“, sagte die Anwältin und Notarin, daß am Ende zwangsläufig Verlierer übrigblieben und daß es das „perfide Prinzip“ dieses Spiels sei, daß nur Erfolg haben könne, wer seine Freunde dazu dränge, mitzumachen.

An einen Rücktritt habe sie in den letzten Tagen nicht gedacht, sagte Anne Klein. Sie halte sich auch nicht, entgegnete sie auf Nachfrage, für eine „Belastung“ des rot -grünen Senats. Vorstand und Fraktion der AL stellten sich im Anschluß an die Pressekonferenz hinter ihre Senatorin und sicherten ihr in einer Presseerklärung „die volle Unterstützung“ zu.

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