Kirche: „Geschlecht tut nichts“

■ Verhinderter Telefonist verklagte evangelische Kirche vor Gericht

Telefonistin hätte er werden wollen, der 39-jährige Fred J. Doch für diesen Fall war er mit dem falschen Geschlecht geschlagen - der Mann an ihm bescherte das Aus beim Bewerbungsverfahren. Dabei hätte er gewarnt sein müssen. Schon im Ausschreibungstexthatte der Arbeitgeber in spe, die Bremische Evangelische Kirche, durchblicken lassen, wen sie für diese Stelle favorisierte. Gesucht wurde eine „Mitarbeiterin für die Telefonzentrale“.

Jörg F., schwerbehindert und seit sieben Jahren arbeitslos, fühlte sich dennoch angesprochen und bewarb sich mit Schreiben vom 6. Februar. Mitte März bestätigte ihm der Schwerbehinderten-Vertrauensmann der Evangelischen Kirche schriftlich, was er telefonisch schon zuvor mitgeteilt hatte: „daß entsprechend der Ausschreibung nur Frauen (schwerbehindert) zur Vorstellung eingeladen werden sollen“. Einen Monat später, am 10. April, bekam Fred J. auch Post von der Personalabteilung der BEK. Die Stelle sei nun vergeben, hieß es da, man danke für sein Interesse und verbleibe.

Ein klarer Fall von beruflicher Frauenförderung durch die Kirche? Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit, die insbesondere denjeinigen Frauen einen beruflichen Wiedereinstieg schwer macht, die für Heim und Kinder jahrelang auf Achse waren, eine schwerbehinderte und arbeitslose Frau einzustellen - wem ist da etwas vorzuwerfen? Der Kirche natürlich, ist die schnelle Antwort von Fred J. Diskriminierung des Mannes sei das und damit zog er vors Arbeitsgericht. Rechtsschutz erhielt er für die Klage vom DGB.

Die Verhandlung geriet zum Schaufechten, bei der die eigentliche Kontroverse nicht zum Thema werden durfte. Die gesellschaftlich und arbeitsmarktpolitisch legitime Bevorzugung von Frauen bei der Stellenbesetzung, sie widerspricht, steht sie denn schwarz auf weiß zu Papier, den rechtlichen Verpflichtungen des Arbeitgebers. Als unglücklichen Einzelfall werteten denn auch die VertreterInnen der Kirche den Fall. Die Ausschreibung ausschließlich für eine Mitarbeiterin: „das kann man als Versehen

deklarieren“. Die Tatsache, daß nur Frauen zum Vorstellungsgespräch gebeten wurden: Bei 170 Bewerbungen, überwiegend Frauen, ist es „will nicht sagen logisch, aber doch natürlich, daß sich die engere Wahl auf Damen bezogen hat“, so Sigrid Bornholdt, juristische Referentin der BEK. „Es hat mit Ihrem Geschlecht nichts zu tun“ beschieden die Kirchenvertreter den Kläger beim Gütetermin. Seine Ablehnung führten sie auf seine Überqualifikation und die überhöhten Gehaltsvorstellungen zurück.

So verlief die gestrige Sitzung vor dem Bremer Arbeitsgericht für den vom Kraftfahrer zum Bürokaufmann umgeschulten Fred J., dem „das im Grunde schon öfter passiert ist, daß im kaufmännischen Bereich Stellen nur für Frauen ausgeschrieben“ wurden, ergebnislos. Den richterlichen Vergleichsvorschlag von 500 Mark lehnte die Kirche ab, weil er einem Schuldeingeständnis gleichkommen würde. Für den 1. Februar 1990 sind die streitenden Parteien zur nächsten Verhandlung geladen.

anh