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Schmähling, Bednarz, Ritterkreuz

Wie Bonn das Skurrile neu bewertet  ■ G A S T K O M M E N T A R

Admiral Schmähling hat wieder zugeschlagen. Statt 495.000 Kameraden benötige die Bundeswehr nur 200.000, weil mit einem sowjetischen Überraschungsangriff nicht mehr zu rechnen sei. Da igelt die Bundeswehr sich entsetzt ein, das Kohl-verwaiste Bonn geht erbleichend auf Tauchstation, und ein zuständiger Beamter qualifiziert den Vorschlag als „skurril“.

Endlich definiert unsere Staatsmacht, was skurril ist. Nicht die eine Million in der BRD stationierten Soldaten und die halbe Million in der DDR sind es, während die Weimarer Republik mit 100.000 Mann Reichswehr auskommen mußte. Einen verlorenen Raubkrieg, einen Holocaust und über 50 Millionen Todesopfer später braucht das glückliche Deutschland das Fünfzehnfache der Reichswehr. Wozu eigentlich, wenn nicht dazu, die Abrüstung zu sabotieren.

Man muß nicht Pazifist sein, auch 200.000 Soldaten noch als überflüssig anzusehen. Mehr als ein Wachregiment zum Potentatenstaatsempfang braucht keine deutsche Regierung.

Nun fordert Klaus Bednarz von WDR-Monitor auch noch eine bundesweite „ernsthafte Pazifismus-Diksussion“, nachdem er für den geplanten nächsten Weltkrieg übern Bildschirm zur massenhaften Fahnenflucht aufforderte. Was ist bloß los mit diesen Militär-&Medienintellektuellen? Wir argwöhnten, sie hätten das Rückgrat längst an der Garderobe abgegeben.

Es begann ausgerechnet mit Helmut Schmidt, der erklärte, als Bundeskanzler werde er nach der ersten Atombombe auf Deutschland den Krieg beenden. Ja, sind wir Bundis noch feiger als die Japaner, die erst nach zwei Atombomben die Waffen streckten? Da war Adenauer ein anderes Kaliber, als er, ohne an West-Berlin zu denken, Kennedy brieflich bedrängte, Kuba zu bomben und zu stürmen.

Der CSU-Abgeordnete Niegel erstattete gegen Bednarz Strafanzeige wegen Friedenshetze. Wenn der wüßte, was sich 90 Prozent der BW-Soldaten gegenseitig ins Ohr flüstern: „Wenn's kracht, machen wir Fliege.“ Das dürfte zwar zu spät sein, doch der Vorsatz ist schon strafbar.

Admiral Schmähling aber macht skurrile Vorschläge. Der berühmte Weltkrieg II-Jagdflieger Erich (Bubi) Hartmann, der in rechten Kameradenkreisen was gilt (352 Abschüsse) und es in der Bundeswehr immerhin zum Oberst brachte, wettert gar, die Tieffliegerei sei nur vertretbar für ein Land, „das im Falle eines Krieges selbst den ersten Schlag führen will“.

Ja, was denn? Ist auch auf die größten alten Ritterkreuzler mit Brillanten kein Verlaß mehr? Wohin der Bonner Blick auch fällt, nichts als Abrüstler, Pazifisten, skurrile Schmählinge und weiche Hartmänner. Schlechte Zeiten für aufrichtige Rüstungsfanatiker.

Gerhard Zwerenz

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