piwik no script img

Bewag heizt Senat ein

■ Bau städtischer Blockheizkraftwerke auf Jahre hinaus blockiert / Grund: Bewag verteidigt Monopolanspruch vor Gericht / „Torpedo gegen Koalitionspolitik“

Ein Rechtsstreit zwischen Bewag und Landeskartellamt kann auf Jahre hinaus den Bau und Betrieb von umweltfreundlichen Blockheizkraftwerken (BHKWs) in landeseigenen Einrichtungen blockieren. Die Bewag will, wie ihr Sprecher Zetschke gestern bestätigte, vor dem Kammergericht den Konzessionsvertrag verteidigen, der es dem Land Berlin verbietet, selbst Strom zu erzeugen. Solange das Gericht nicht entschieden hat, will die Bewag keine weiteren landeseigenen BHKWs akzeptieren, um nicht „Präzedenzfälle“ zu schaffen. In diesem Jahr erwartet die Bewag keine Entscheidung des Kammergerichts mehr; einen „jahrelangen Rechtsstreit“ befürchtete gestern Thomas Schwilling, Referent von Umweltsenatorin Schreyer. „Die Bewag“, so Schwilling, „torpediert die Koalitionsvereinbarung.“

Damit könnte das im Krankenhaus Spandau geplante BHKW das vorerst einzige städtische Werk dieser Art bleiben. An ihm hatte sich der Konflikt zwischen Bewag und Kartellbehörde entzündet. Entgegen anfänglicher Zusagen hatte sich die Bewag kurz nach der Bildung des neuen Senats unter Berufung auf den Konzessionsvertrag geweigert, das Spandauer BHKW zu akzeptieren. Das Kartellamt erklärte daraufhin den entsprechenden Passus des Vertrages für nichtig. Es konnte sich dabei auf eine Entschließung aller bundesdeutschen Kartellreferenten berufen. Sie hatten bereits 1981 erklärt, derartige Monopolansprüche seien gesetzeswidrig. Die Bewag legte jedoch am 18. Juli Beschwerde gegen die „Untersagungsverfügung“ des Berliner Kartellamtes ein. Als bisher einziges bundesdeutsches Energieversorgungsunternehmen will sie ihren Monopolanspruch vor Gericht durchsetzen.

Während das Spandauer Krankenhaus für sein BHKW mittlerweile eine Ausnahmegenehmigung der Bewag erwirkt hat, kann der Rechtsstreit eine Reihe anderer Projekte blockieren. So will das Bezirksamt Kreuzberg ab November gemeinsam mit dem Bund Deutscher Pfadfinder ein BHKW bauen, das ein Jugendzentrum und eine Kiezbegegnungsstätte an der Lindenstraße mit Strom und Wärme versorgen soll. Darüber hinaus planen nach Schwillings Angaben auch das Krankenhaus Zehlendorf und das Klinikum Steglitz den Bau von BHKWs. In den nächsten Jahren steht in vielen Einrichtungen des Landes Berlin eine Erneuerung der Heizanlagen an - eine Chance für die vom Senat favorisierten Blockkraftwerke.

Den Vorwurf mangelnder Kooperationsbereitschaft wies Bewag -Sprecher Zetschke gestern dennoch zurück. Wenn die Gesellschaft nicht vor Gericht ziehe, könnten Kleinaktionäre Regreßforderungen an den Bewag-Vorstand richten.

hmt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen