: Standbild: "Es haut von A bis Z nicht hin"
■ Es begann in Gladbeck / Buten und Binnen
(Es begann in Gladbeck, Di. 19.25 ZDF; Buten&Binnen, Di. 17.25 RB) Das Gladbecker-Bremer Geiseldrama ist schon jubiläumsfähig: Am Tage vor dem Prozeßbeginn mußte es nochmal an uns vorbeiflimmern. Aber fällt einem noch was ein, nachdem auch der 'Spiegel‘ sein Sommer-Loch mit einer überlangen Nacherzählung aller bekannten Fakten gefüllt hat?
Dem ZDF fiel Neues ein: „An diesem Tisch hatte das Gangstertrio und die Geiseln Platz genommen...“ Das Bild zeigte einen Tisch mit abgerundeten Ecken, wie er in jeder spießigen Kneipe steht. „Hier besorgten sie sich ein neues Fluchtauto... “ Das Bild zeigt das Ortseingangsschild von Delmenhorst. Das ZDF-Team hat die Betonfassaden, vor denen sich im vergangenen Herbst das „Geiseldrama“ abspielte, tatsächlich alle gefunden und noch mal abgefilmt. Ein an der sachlichen Oberfläche entlangschliddernder Begleittext brachte eine korrekte Zusammenfassung des inzwischen weitgeghend rekonstruierten Hergangs. Ein bißchen hätte der „Zugriff“ erfolgen können, ein bißchen hätte Schnoor seine liberale Linie zum Schluß durchhalten sollen, ein bißchen hätte er der Anti-Terror-Truppe GSG 9 eine Chance geben sollen, ein bißchen haben sich die Medien „kein Ruhmesblatt geschrieben“ - die Glotze muß es eben ein bißchen jedem Recht machen. Und wer sollte es besser wissen als Ines Voitle, die dem ZDF anvertraute: „Eigentlich sind wir alle ein bißchen Schuld daran...“
Glücklich die norddeutschen Zuschauer, die vorgestern ins Erste, zur Bremer Regionalschau „Buten&Binnen“ umschalten konnten. Da zeigte Michael Geyer, der auch den ARD -Brennpunkt-Beitrag produziert hat, wie man „ein Jahr danach“ einen Film machen kann. Man sah die fröhlich spielende kleine Schwester des erschossenen Georgio, die immer noch Alpträume hat, wenn ihr nachts die Bilder von Bremen hochkommen. Der Bremer Film erinnert mit den dokumentarischen Passagen an das Geschehen und erspart uns nicht die absurde Rolle der Journalisten. „Können Sie sich vorstellen, daß er wirklich abdrückt?“ fragt da ein Reporter die Silke Bischoff, an deren Hals die Rösner-Pistole drückt. Verkrampft lächelt die Geisel in die Kamera, überlegt, sagt: „Nein, das kann ich mir nicht vorstellen“. „Ist ja noch jung“, kommentiert Rösner.
Thema des Films sind aber die Überlebenden heute. Da ist zum Beispiel der Fotograf Peter Meyer, der nicht so genau weiß, ob er „die Erfahrung“ dieser Geiselgeschichte missen will oder nicht. Michael Geyer erspart uns nicht die weinende Mutter der toten Silke Bischoff, die keine rechten Worte findet. Hart dagegen ist der damaliger Bremer Innensenator Bernd Meyer geschnitten, der rückblickend die Worte findet: „Manchmal ist es eben so, dann haut alles von A bis Z nicht hin.“
Klaus Wolschner
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