: Besetzer und Mieter Hand in Hand
■ MieterInnen der Birkenstraße34 in Moabit protestieren weiter gegen mögliche Zwangsversteigerung / Nachts zweimal von der Polizei gestürmt
Zweimal bekamen die MieterInnen der Birkenstraße in der Nacht von Donnerstag auf Freitag ungebetenen Besuch. Mehrere Polizeibeamte stürmten das Treppenhaus, um nach neuen BesetzerInnen zu suchen. Die Gesundheitsstadträtin Sabine Nitz-Spatz, die von den MieterInnen um Unterstützung gebeten worden war, bezeichnete den Polizeieinsatz als gezielte Schikane.
„Ich finde das schon sehr bedenklich, daß unter einem rot -grünen Senat die Polizei Bauarbeiter schützen, die leerstehende Wohnungen zumauern.“ Da man die MieterInnen nicht aus ihren Wohnungen vertreiben kann, andererseits aber auch eine Gruppe von BesetzerInnen im Haus ist, sah sich die Polizei offenbar genötigt, das Haus die ganze Nacht lang zu bewachen.
Bereits am Donnerstag hatte die Polizei im Großeinsatz eine Besetzung der leerstehenden Wohnungen in dem Haus verhindert, allerdings keine BesetzerInnen mehr angetroffen. Die hatten die Gastfreundschaft der MieterInnen in Anspruch genommen. Gestern statteten die MieterInnen in Begleitung der Stadträtin der Bauverwaltung einen Besuch ab. Senator Nagel ließ sich nicht sprechen, empfangen wurden die BesucherInnen von Nagels Referenten Matthias Zipser in der polizeiumringten Eingangshalle.
Zipser versprach, man werde sich die Sache vor Ort ansehen und sich um die Probleme der MieterInnen kümmern. Konkreteres war nicht zu erfahren. Er könne hier keine Zusagen machen, zumal dies ein Startschuß sein könnte für andere Spekulanten, ihre Häuser auf die gleiche Art und Weise an den Senat abzutreten, nachdem sie sich vorher an öffentlichen Geldern bereichert hätten. Immerhin ist für nächsten Mittwoch ein Gespräch zwischen Senats- und Bezirksverwaltung, MieterInnen und BesetzerInnen anberaumt. Gesundheitsstadträtin Nitz-Spatz zeigte sich positiv beeindruckt, daß sich die MieterInnen bei dieser Unterredung weiterhin mit den BesetzerInnen solidarisierten. „Die Spaltung in Gute und Schlechte hat nicht geklappt.“ Wie berichtet, steht das Haus vor der Zwangsversteigerung, nachdem der Besitzer und Wohnungsspekulant Eberhard Schulz zwar 260.000 Mark WBK-Mittel abkassiert hatte, das Haus aber verfallen ließ. Im Falle einer Zwangsversteigerung droht den MieterInnen die Kündigung mit einer dreimonatigen Frist. Einige MieterInnen mußten in der Zwischenzeit auf eigene Kosten sanieren. Schulz ist hoch verschuldet und mittlerweile abgetaucht. Die MieterInnen fordern vom Senat eine verbindliche Zusicherung, daß ihre Wohnungen zu einem akzeptablen Mietpreis erhalten bleiben.
Cornelia Haring/taz
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