„Nicht richtig problematisiert“

■ Die AL will die umstrittene Propagandareise eines Funktionärs nach Nord-Korea aufklären und über „künftige Verfahren“ bei Auslandsreisen sprechen

Die Alternative Liste will den Umständen der Nord-Korea -Reise des AL-Funktionärs Ismael Kosan „auf den Grund gehen“, teilte gestern Parteisprecher Stefan Noe auf Anfrage mit. Kosan war Mitte Juli als „Sprecher der AL“ Teilnehmer eines von der stalinistischen Diktatur in Nord-Korea veranstalteten Propagandaspektakels. Er hatte sich in dieser Funktion in der nordkoreanischen Hauptstadt lobend über das Regime geäußert und Gespräche mit Regierungsvertretern geführt. Ein Augenzeuge hatte außerdem berichtet, daß sich Kosan in einem Triumphzug durch die Hauptstadt tragen ließ. Ismail Kosan teilte auf Anfrage mit, er wolle sich erst am heutigen Dienstag zu seiner Reise äußern. Parteisprecher Noe teilte ergänzend mit, Kosan will in Pjöngjang lediglich eine „Grußadresse“ der AL verlesen haben, die „das Maß des Zumutbaren nicht überschritten“ habe. Außerdem habe er eingeräumt, eine - so Noe - „blödsinnige Bemerkung“ über die stalinistische Monumentalarchitektur gemacht zu haben. Ein Zeuge hatte davon gesprochen, Kosan habe die „imponierende Aufbauleistung“ gelobt.

Bei der Behandlung des Reiseprojekts sind schwere Diskussionsmängel in der AL sichtbar geworden. Im Ausländerbereich wurde die von Koreanern an die Partei herangetrage Bitte, einen AL-Vertreter zu einem „Friedensmarsch“ nach Nord-Korea zu entsenden, „gar nicht richtig problematisiert“, wie die Parteimitarbeiterin Inis Sprenger erklärte. Vielmehr habe stilles Einverständnis geherrscht, daß die Teilnahme an einem Friedensmarsch problemlos sei. Nicht zur Sprache kam, daß der Diktator Kim -Il Sung seine Herrschaft auf Unterdrückung und Terror gründet. Das Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses (GA), Harald Wolf, teilte mit, man werde Ismail Kosan über seine Gespräche in Pjöngjang befragen. Offen sei, ob dies bereits bei der Sitzung des Gremiums am Donnerstag der Fall sein wird. Die AL werde darüber hinaus über ein „künftiges Verfahren“ bei Auslandsreisen und Fragen internationaler Beziehungen zu reden haben, kündigte Wolf an. Daß Kosan nach Nord-Korea reise, habe er erst am Vorabend vor dessen Abreise erfahren. Im GA sei dessen Name nie gefallen; auch sei kein anderer ALer delegiert worden. Über die Reise sei im GA auch deshalb nicht inhaltlich gesprochen worden, weil das Projekt bereits wegen der beantragten Höhe des Finanzzuschusses abgelehnt wurde.

gn