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Die SPD will dem Wehretat an das Leder

■ Arbeitsgruppe „Fortschritt '90“ kündigt Milliardeneinsparungen an / Sonnen- und Windenergie statt Atomenergie fördern

Bonn (dpa) Die Sozialdemokraten wollen Milliarden-Beträge im Verteidigungshaushalt einsparen, um Geld für die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit und für die Dritte Welt zu gewinnen. Mit diesen Vorschlägen will sich die von Oskar Lafontaine geleitete Arbeitsgruppe „Fortschritt '90“ am kommenden Freitag befassen.

Wie die finanzpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Ingrid Matthäus-Maier, am Montag weiter mitteilte, soll in dieser Sitzung auch abgesichert werden, daß das SPD -Regierungsprogramm mit der ökologischen Neuorientierung über Steuern und Abgaben „aufkommensneutral durch Umschichtungen finanzierbar ist“. Gesamtsteuerbelastung und Neuverschuldung würden nicht erhöht, beteuerte sie zum wiederholten Mal unter Hinweis auf Kritiker innerhalb und außerhalb der Partei. Zugleich kündigte Frau Matthäus-Maier Sachgespräche mit allen Parteien an. Mit Koalitionsgesprächen habe das rein gar nichts zu tun.

Zu den Einsparplänen für die Hardthöhe sagte die Politikerin, Abrüstung sei das „Gebot der Stunde“. Allein für den Etat 1990 habe die Partei Rüstungseinsparungen von 2,5 Milliarden Mark programmiert. Davon sollen 1,5 Milliarden in das Programm Arbeit und Qualifizierung und eine Milliarde in die Dritte Welt fließen, unter anderem zur Erhaltung der tropischen Regenwälder. Unter Verweis auf das Beispiel Belgiens erklärte Frau Matthäus-Maier, die Summe von 2,5 Milliarden sei allerdings für ein Regierungsprogramm, dessen Gesetzgebung 1991 beginne, zu gering. In dem Nachbarland werde an der Verteidigung gespart, ohne die Streitkräfte zu schwächen.

Zu der in der Öffentlichkeit angezweifelten Aufkommensneutralität der SPD-Pläne erklärte die Finanzexpertin, sie solle nicht nur unter dem gesamten SPD -Regierungsprogramm stehen, sondern auch in den Teilbereichen gelten. Als Beispiele nannte sie die geplante Kindergelderhöhung, die aus der gleichzeitigen Abschaffung der Kinderfreibeträge und einer Reform des Ehegattensplittings finanziert werden soll.

Die anvisierte Erhöhung der Mineralölsteuer soll durch die Abschaffung der Kfz-Steuer und eine Anhebung des Grundfreibetrages bei der Lohn- und Einkommenssteuer ausgeglichen werden. Ebenso sollten einzelne Umweltabgaben in sich ausgeglichen finanziert und verwendet werden. Schließlich sollen die rund zwei Milliarden Mark an Fördermitteln für die Atomenergie pro Jahr gestrichen werden und statt dessen der Sonnen- und Windenergie zugute kommen. Die Deutsche Bundesbahn will die SPD mit einer halben Milliarde Mark Einsparungen aus dem Fernstraßenbau unterstützen.

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