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Der SFB versteht keinen Spaß

■ Kaminski-Show abgesetzt / Stefan Wald im Ersatzprogramm

So etwas kennt der norddeutsche Fernsehzuschauer sonst nur aus dem fernen Bayern, doch am späten Montag abend war es auch im SFB soweit. Was der Bayerische Rundfunk gelegentlich mit dem SFB-Scheibenwischer vorexerziert hatte, wurde nun auch in der Nordkette wahr: eine Satiresendung wurde kurzfristig aus dem Programm gekippt. Die Chefetage des SFB hatte beschlossen, die für das „Kabarett vor Mitternacht“ vorgesehene „Kaminsky-Show“ den Zuschauern lieber vorzuenthalten. Statt dessen gab es Stefan Wald im Ersatzprogramm.

Einer der Gründe für die Entscheidung dürfte die mangelnde Distanz der Zensoren zum Thema sein: Der Kabarettist Jockel Tschiersch hatte in seiner „Kaminsky-Show“ das öffentlich-rechtliche Fernsehen parodiert. Eine „schrille, ausgeflippte Satire voller schwarzem Humor auf die gängigen Fernsehunterhaltungsformen“ hatte der SFB in der Programmvorschau die Sendung angepriesen. Als die Show im Mai dieses Jahres beim Sartirefest des SFB aufgezeichnet wurde, waren nicht nur die Zuschauer begeistert. Auch die Unterhaltungsabteilung des SFB-Fernsehens war von der Kaminsky-Show so angetan, daß sie beschloß, sie in voller Länge zu senden anstatt, wie ursprünglich geplant, nur einen Ausschnitt. Doch am letzten Freitag mußte die Satire die hausinterne Abnahme durchlaufen - und wurde abgelehnt. Da der zuständige Unterhaltungschef des SFB im Urlaub war, war der Chef der Hauptabteilung Politik und Zeitgeschehen, Jürgen Engert, vertretungsweise letzte Entscheidungsinstanz. Was Engert nun genau mißfiel, ist unbekannt. Er selbst spricht von „mangelnder Qualität“ des Stückes und der Kabarettisten. Die Redaktion dagegen hatte erklärt, „Geschmacksfragen“ seien Grund für die Programmänderung gewesen. Tschierschs Show habe „die Grenzen des guten Geschmacks ein bißchen verletzt“.

Ob folgende Textstellen gemeint sind?:

„Jawoll. Das ist genau das, was diese öffentlich -rechtlichen Angsthasen hier verdienen. Deutsche Fernsehunterhaltung mal konsequent zu Ende gedacht. Das Geschmackloseste, was Deutschland je erlebt hat... Dümmer als Vier gegen Willi, peinlicher als Fuchsberger, schmieriger als Aktenzeichen XY und faschistoider als der Blaue Bock. Die totale Kaminsky-Show. Die Endlösung der deutschen Unterhaltungsfrage...“

Jockel Tschiersch, der erst am Montag morgen von der Programmänderung erfuhr, ist zwar „traurig, daß jetzt niemand die Kaminsky-Show sehen kann“, doch ein bißchen zufrieden ist er auch. Daß seine Show „öffentlich-rechtlich nicht sendbar“ sei, verschaffe ihm „eine gewisse Genugtuung“.

taz

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