: An die AL!-betr.: Fall Anne Klein
Betr.: Fall Anne Klein
Sehr geehrte AL-Mitglieder!
Wie Sie den Skandal der Senatorin Anne Klein zur Affäre oder Bagatelle verniedlicht haben, verärgert mich sehr, und bevor ich darüber sprachlos werde, mache ich hier meinem Ärger Luft. (...)
Daß Anne Klein das besagte Pilotenspiel im nachhinein als „außerordentlich problematisch“ ansieht, macht ihr Verhalten nicht ungeschehen; nachher ist man immer klüger. Den Mechanismus des Spiels, den Letzten beißen die Hunde, hat sie „verdrängt“, wird entschuldigend von ihr angeführt - na gut?! Die Teilnahme an diesem Spiel mit der dümmlichen Behauptung zu rechtfertigen, es wäre ein „Spiegel der Gesellschaft“, ist nun wirklich der Gipfel der Bigotterie.
Da i-Tüpfelchen auf dem Ganzen ist, daß Anne Klein die Spende von rund 1.000 Mark von der Einkommenssteuer abgesetzt hat. Die kindliche Geheimniskrämerei um das soziale Projekt, das die Spende erhalten haben soll, spricht auch für sich.
Bei der Bewertung des Skandals kann es doch nur um folgendes gehen:
1. Welches sind die politisch-moralischen Wertvorstellungen der AL bzw. der Grünen und inwieweit stimmen diese mit dem Verhalten von Anne Klein überein?
2. Welches ist das Selbstverständnis von Anne Klein, die als Anwältin und Notarin die moralische Reife haben sollte, die mit der Teilnahme an einem solchen Spiel nicht vereinbar ist? Dies gilt noch vielmehr, wo Anne Klein für sich in Anspruch nimmt, ein politisch bewußter Mensch zu sein, der sich für die Schwachen in dieser Gesellschaft und für politisch fortschrittliche Entwicklungen einsetzt. Für mich ist dieser Skandal wiederum ein typisches Beispiel für den Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit. (...)
3. Als Parallele bietet sich hier der Rücktritt von Ellis Huber vor rund zwei Jahren an, der damals als Gesundheitsstadtrat von Kreuzberg zurücktrat, weil er sich an einem Spekulationsgeschäft in Kanada beteiligt hatte, was im Widerspruch zu Verhaltensmaximen der AL steht. Warum gilt dieser Grundsatz nicht auch für Anne Klein? Ist es nicht mehr opportun, weil die AL heute in der Regierung sitzt oder Anne Klein eine Frau ist? Wahrscheinlich spielt beides eine Rolle. Die AL scheint zu glauben, daß der in ihren Augen bösen Opposition auf gar keinen Fall nachgegeben werden darf. (...)
Anschließend kann ich nur sagen: Lieber ein Ende mit Schrecken (für Anne Klein) als ein Schrecken ohne Ende (für Anne Klein und die AL); Anne Klein muß im Interesse ihrer eigenen und der Glaubwürdigkeit der AL zurücktreten. Anne Klein sollte darüber hinaus den restlichen Gewinn aus diesem Spiuel an eine soziale Einrichtung spenden. (...) Allerdings sollte Anne Klein dabei davon absehen, diese Spende erneut von der Steuer abzusetzen, es sei denn, sie würde den Spielgewinn auch versteuern. Als Nachfolgerin für Anne Klein könnte die AL nach deren Rücktritt z.B. Frau Bischoff-Pflanz vorschlagen.
Hans-Jochen Heck, 1/30
Anm. d. Säzzers: Solch ein moralintriefendes Geschwafel habe ich schon lange nicht mehr gesäzzt. Was bildet sich der Schreiber eigentlich ein, wer er ist? Er sollte sich zu den nächsten Papstwahlen beim Vatikan anmelden, so ohne Fehler und Tadel will er sich darstellen. Ansonsten vertrete ich die Meinung, daß jeder tun kann, was er will - eben auch sein Glück beim Spielen versuchen.
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