: „Grüß Gott, Frau Pfarrerin“
■ Auf Erfolgskurs mit der „geistlichen Welle“ / Das SDR-Fernsehen schickt eine evangelische Pfarrerin ins Rennen um die Zuschauergunst
Stuttgart (ap) - Seit der Süddeutsche Rundfunk im vergangenen Oktober mit seiner Serie Oh Gott, Herr Pfarrer einen unerwarteten Erfolg beim bundesdeutschen Fernsehpublikum verbuchen konnte, sind Seelsorger nicht mehr nur im Wort zum Sonntag auf dem Bildschirm präsent. Das ZDF schickt den schwergewichtigen Hessen Günther Strack als katholischen Geistlichen ins Rennen um die Zuschauergunst, und Thekla Carola Wied darf in Wie gut, daß es Maria gibt ihr Debüt als Nonne geben.
Klar, daß auch das SDR-Fernsehen weiter auf der „geistlichen Welle“ schwimmt: Ende 1990 soll an 13 Abenden das acht Millionen Mark teure Nachfolgeprojekt der beliebten Pfarrer-Serie über die Mattscheiben flimmern. Unter dem Arbeitstitel Grüß Gott, Frau Pfarrerin wird sich dieses Mal eine junge evangelische Theologin mit allerlei zwischenmenschlichen und aktuellen politischen Problemen herumzuschlagen haben. Denn, so hat SDR-Fernsehspielchef Werner Sommer erkannt: „Das Thema wird noch nicht so schnell Ermüdungserscheinungen bei den Zuschauern aufweisen.“ Vielmehr habe die Pfarrer-Serie gezeigt, daß Fernsehunterhaltung „nicht nur Zerstreuung und Ablenkung“ sein müsse, sondern auch bewußte Hinwendung zu Themen sein könne, die den Zuschauer unmittelbar in seinem Lebensbereich berührten.
Wenn es nach dem SDR geht, wird die neue Serie den Erfolg der alten noch in den Schatten stellen. Drehbuchautor Felix Huby alias Eberhard Hungerbühler, der schon dem ersten Fernsehpfarrer Hermann Wiegandt und seiner Familie die Szenen auf den Leib schrieb, tut sich nach eigenem Eingeständnis mit der Hauptfigur Katharina Lenau jedoch schwer: „Das hängt einmal damit zusammen, daß es sich dieses Mal um eine Frau handelt. Eine solche Figur kann ich als Mann nicht aus dem Stand heraus schreiben. Außerdem ist der Erwartungsdruck nach dem Erfolg der ersten Serie natürlich weitaus höher.“ Doch auch Huby ist sicher, daß die Mischung der Serie aus ernster Thematik und heiteren Einlagen ankommen wird.
Katharina, laut Huby „stets auf der Seite des Schwächeren“, muß sich mit aktuellen politischen Themen wie der Aussiedlerproblematik beschäftigen, wird aber auch in private Konflikte verstrickt. Der Umgang mit ihrem atheistischen Vater ist schwierig, der Ehemann kommt wegen ihres starken beruflichen Engagements häufig zu kurz, ein befreundetes Pfarrer-Ehepaar läßt sich scheiden.
Irene Clarin soll denn auch eine Frau spielen, die ernsthaft und liebenswert zugleich, kämpferisch, aber auch fehlbar und dünnhäutig ist. Und: Sie soll zwar überzeugend gläubig, aber kein „Lamm“ sein. „Ich werde mich darum bemühen, ihr möglichst menschliche Züge zu verleihen“, sagte die Tochter des Schauspielers Hans Clarin, die auch schon in der Vorabend-Serie „Die Wiesingers“ zu sehen war. In ihrer katholischen Erziehung sieht die Hauptdarstellerin keinen Hinderungsgrund: „Was mich an der Figur reizt, ist etwas, das ich am Katholizismus auszusetzen habe: das Zölibat. Das ist eine unrealistische Lebensweise“, meinte sie.
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