DKP-Zeitung feuert unliebsamen Redakteur

Sportchef der 'UZ‘ wurde nach seinem DKP-Austritt umgehend gekündigt / Verlag beruft sich auf Tendenzschutz / Enthüllung über Vorstandsmachenschaften gegen den Kölner Kreisvorsitzenden aus der „Erneuerer„-Fraktion darf in der 'UZ‘ nicht erscheinen  ■  Aus Düsseldorf Walter Jakobs

Der Sportchef der DKP-Zeitung 'Unsere Zeit‘ (UZ), Michael Gauder, ist zwei Tage nach seinem Austritt aus der DKP von der Verlagsleitung des kommunistischen Zentralorgans „fristgerecht zum 30.9.“ gekündigt worden. Arbeitsrechtlich wird die Kündigung mit dem Tendenzschutzparagraphen begründet. Nach dem Parteiaustritt hält der Verlag eine vertrauensvolle Zusammenarbeit für nicht mehr möglich. „Diese Maßnahme betrachte ich als Berufsverbot in der DKP“, erklärte der Sportjournalist. Mit der Begründung falle die DKP auch der IG Medien „in den Rücken“, die die Abschaffung des Tendenzschutzparagraphen fordert.

Tatsächlich ist Michael Gauder ein weiteres Opfer des Linienkampfes innerhalb der DKP, der auch die 'UZ'-Redaktion in zwei Lager gespalten hat. Während die sogenannten „Erneuerer“ für eine radikale Demokratisierung der DKP fechten, möchte die Vorstandsmehrheit, die ganz im Sinne der Ostberliner SED-Führung operiert, alles am liebsten beim alten belassen. Gauder begründet seinen Austritt mit dem „völligen Vertrauensverlust“ in die DKP-Führung. Zuletzt habe ihn die Enthüllung über die von der obersten Parteiführung betriebene Ablösung des Kölner DKP -Kreisvorsitzenden Steffen Lehndorf „tief erschüttert“.

In einem Brief an den zu den führenden Köpfen der Erneuerungsströmung zählenden Lehndorf hat der frühere Mitarbeiter in der Düsseldorfer DKP-Vorstandszentrale, Willi Herrmann, gestanden, von der Parteiführung beauftragt worden zu sein, Lehndorffs Ablösung zu betreiben. Im Sommer 1987 führte Herrmann zu diesem Zwecke ein „Kadergespräch“ mit Horst Krämer, dem Personalchef der DKP. Krämer machte Herrmann den Vorschlag, „daß ich auf Perspektive Kreisvorsitzender in Köln werden solle, da sich im Kölner Kreis unter Deiner Verantwortung große Probleme entwickelt hätten... Die Ablösung von Dir müsse jedoch vorsichtig und behutsam vor sich gehen, da sie sonst nicht durchsetzbar sei“. Herrmann sollte nach dem Plan zunächst in Köln als Hauptamtlicher „verankert“ und später zum Kreisvorsitzenden gewählt werden. Lehndorff wollte man nach einer Schulung elegant mit einer anderen Aufgabe betreuen. Die Plazierung des Nachfolgers fädelte der DKP-Vorsitzende Herbert Mies selbst ein. In einem Gespräch mit Lehndorff zum Jahreswechsel 1987/88 machte Mies dem Kölner Vorsitzenden den Vorschlag, Willi Herrman zur „Unterstützung“ als Hauptamtlichen einzustellen. Weil die Kölner sich aber anders entschieden, landete Herrmann dann als Organisationsreferent im zuständigen Bezirk. Bald merkte er dann, „daß es niemals eine kollektive Beschlußgrundlage für das Ablösungsprojekt Steffen Lehndorff gegeben hat“. Ein halbes Jahr später schmiß er den Auftrag, der nach seiner Einschätzung in einem kleinen „inneren Zirkel“ verabredet worden war. „Ich weiß“, so Herrmann in seinem Brief an Lehnforff, „daß ich auch in gewisser Weise dafür Verantwortung trage, daß Du auf eine untragbare Tour aus Bezirks- und Parteivorstand hinausgedrängt worden bist. Denn in der Zeit, in der Deine Ablösung betrieben wurde, wurdest Du zunehmend, auch durch mich, als untragbar hingestellt.“ Den „Auftrag“ angenommen zu haben bewertet Herrmann inzwischen als „schweren Fehler“, für den er sich „schäme“. Der ganze Vorgang habe jedoch dazu geführt, daß „ich meine Positionen gründlich überdenken konnte“, und darüber sei er froh.

Diese Bekenntnisse sind dem DKP-Parteivolk offenbar nicht zuzumuten. Wie schon in anderen Fällen, verweigert die 'UZ' -Chefredaktion auch diesmal den Abdruck. Lediglich die Kölner Kommunisten können das vierseitige Schreiben demnächst in ihrem Rundbrief nachlesen.