: Mißglückte Ballonflucht?
■ Am Sonnabend abend schwebte Heißluftballon über Norden Berlins / Flüchtlinge meldeten sich jedoch nicht
Möglicherweise ist am späten Sonnabend abend eine mit einem Ballon geplante Flucht aus der DDR oder Ost-Berlin in den Westteil der Stadt gescheitert. Nach Polizeiangaben haben am Sonnabend gegen 22.50 Uhr zwei Zeuginnen unabhängig von einander beobachtet, wie ein mehrfarbiger Heißluftballon mit einem darunterhängenden Korb den Tegeler Forst in Heiligensee in rund 40 Metern Höhe überquerte. Der Ballon bewegte sich schnell in Richtung Tegel. Der Korb und die Flammen seien deutlich sichtbar gewesen. Indes wurden in dem Korb keine Personen wahrgenommen. Eine der Zeuginnen hatte schon gegen 22.30 Uhr drei oder vier schußähnliche Geräusche aus Richtung Grenze gehört.
Polizeibeamte sahen den Ballon ebenfalls später noch, und zwar zwischen 23.40 Uhr und kurz nach Mitternacht am Kurt -Schumacher-Platz und am Jakob-Kaiser-Platz. Wegen des verhangenen Himmels währte das Erlebnis allerdings nur kurz. Danach tauchte das Fluggerät nicht mehr am Westberliner Himmel auf. Bis gestern mittag meldete sich auch kein Flüchtling bei der Polizei, so daß eine mißlungene Flucht ausgerechnet zum Jahrestag des Mauerbaus nicht ausgeschlossen werden kann.
Laut dem diensthabenden Meteorologen beim Wetterdienst der FU wehten in der fraglichen Nacht bis in 100 Meter Höhe aufgrund ausgeprägter Luftdruckunterschiede einheitlich schwache Winde aus westlicher Richtung mit einer leichten südwestlichen Komponente. Der Ballon müßte folglich weiter nach Osten weggeflogen sein, so der Wetterexperte.
„Bei einer beobachteten Flughöhe von 40 Metern gibt es Bodenwinde, die einen Ballon in alle möglichen Richtungen treiben können“, erläuterte allerdings der Präsident der Berliner Ballonfahrer- und Luftschiffervereinigung, Manfred Pistorius. In der genannten Höhe liege wegen der Gefahr der Kollision mit Hochspannungsmasten normalerweise kein Ballonpilot, so daß von der ursprünglichen Absicht zu landen ausgegangen werden müsse. Es könne natürlich sein, daß der Ballon unglücklicherweise kein Ventil zum Gasablassen gehabt habe. Dann, so Pistorius, hätten die Insassen irgend etwas unternehmen müssen, um die Ballonhülle zu zerstören. Daß jemand während des Fluges aus dem bei Heißluftballons üblichen rund 90 Zentimeter Weidenkorb gefallen ist, bezeichnete der Ballonexperte als unwahrscheinlich. Wenn überhaupt, sei dies vielleicht schon beim Start geschehen.
Wie eine Anfrage ergab, hat die Flugsicherung des Flughafens Tegel am Sonnabend wie im Falle einer im März mißglückten Ballonflucht auf ihren Radarschirmen kein unbekanntes Flugobjekt registriert. Dies kann daran liegen, daß die Ballone beidesmal zu wenig Metallteile aufwiesen, die die Radarstrahlen reflektieren. Im März war ein an einem selbstgebastelten Gasballon hängender DDR-Bürger in einen Zehlendorfer Garten abgestürzt und gestorben.
Über eine eventuelle gescheiterte Ballonflucht meldete 'adn‘ bis gestern mittag nichts.
thok
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