: Frankfurt: Neuer Ärger um Hochhäuser
Der noch im Amt befindliche CDU-Stadtkämmerer dealte mit der Esso AG um Hochhaus-Bauplatz / Grüne vermuten, daß die SPD informiert war / Christdemokrat fühlt sich an rot-grüne Koalitionsvereinbarung nicht gebunden / Grüne haben Akteneinsicht ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt
Frankfurt (taz) - Der noch bis zum 9.November als Stadtkämmerer der rot-grünen Mainmetropole fungierende Christdemokrat Ernst Gerhard hat nur 17 Tage nach Amtsantritt der neuen Stadtregierung mit dem Mineralölkonzern Esso AG einen „vertraulichen Vertrag“ geschlossen. Damit ebnet er den Weg für die Hochhäuser, die Rot-Grün verhindern will. Der Kämmerer versprach der Esso AG den Bau von drei neuen Tankstellen an der Autobahn Wiesbaden -Frankfurt und an der Hanauer Landstraße. Kostenfixpunkt: neun Millionen DM aus Steuermitteln. Dafür sagte die Esso AG zu, ihre Tankstelle am Platz der Republik in Frankfurt abzureißen, denn genau dort plant die DG-Bank den Bau eines Hochhauses.
Nach Aussagen von Planungsdezernent Martin Wenz (SPD) und Rechtsdezernent Andreas von Schoeler (SPD) seien die sozialdemokratischen Magistratsmitglieder, die mitzuentscheiden haben, von ihrem CDU-Kollegen Gerhard nicht über den Vertragsabschluß informiert worden. Die Grünen melden Zweifel an dieser Version an, nachdem jetzt bekannt wurde, daß auch der Aufsichtsrat der Frankfurter Aufbau AG (FAAG), dem Sozialdemokraten angehören, an den Verhandlungen mit der Esso AG beteiligt war. Es sei schließlich nur schwer vorstellbar, daß die sozialdemokratischen Mitglieder in der FAAG ihre sozialdemokratischen Magistratskollegen bei einer solch wichtigen Entscheidung nicht konsultiert hätten, meinte Fraktionsgeschäftsführer Lutz Sikorski. Darüber hinaus müßten die zuständigen SPD-Magistratsmitglieder erklären, wie es geschehen konnte, daß Gerhard alleine einen Vertrag hätte unterschreiben können, der den Interessen des rot-grünen Magistrats diametral entgegenstehe. Noch gebe es keinen Dissens mit der SPD, aber „großen Klärungsbedarf“, meinte Sikorski abschließend.
Gerhard selbst, dessen Amtsperiode in knapp drei Monaten abläuft, erklärte, daß er sich als Christdemokrat nicht an die rot-grünen Koalitionsbeschlüsse gebunden fühle. Aus den Reihen der Grünen wurde schon vor der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages der Verbleib von CDU -Magistratsmitgliedern kritisiert. Oberbürgermeister Volker Hauff wollte seinerzeit vor allem Bürgermeister Moog (CDU) behalten, der - im Gegensatz zu Gerhard - loyales Verhalten zugesichert hatte. In Sachen Hochhausbau hat der rot-grüne Magistrat inzwischen ein Prüfungsverfahren eingeleitet, das Ende des Monats zum Abschluß gebracht werden soll. Die Grünen haben sich dabei ein Akteneinsichtsrecht gesichert, obgleich ihre Dezernenten nicht direkt an Bau- und Planungsverfahren beteiligt sind.
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