: Alte Schrauben in neuen Flugzeugen
■ Amerikaner versorgte die größten Flugzeugbauer der Welt über Jahre hinweg mit Second-hand- Ware / Deal mit dem Gericht verspricht mildes Urteil / Qualitätsmängel von Militärs entdeckt
Berlin (taz/afp/dpa) - Elf Jahre lang kümmerte sich der 42 Jahre alte US-Unternehmer Bruce J. Rice, Präsident der Rice Aircraft Corporation in New York, um die material- und energieschonende Versorgung großer Flugzeughersteller mit preiswerten alten Schrauben und Nieten. Das Unternehmen kaufte Restbestände von Flugzeugbauteilen auf, ließ sie in einer Drittfirma überholen, um sie dann als angebliche Originalprodukte weiterzuverkaufen. Die Schrauben gingen an die Regierungen der Vereinigten Staaten und Israels sowie an einige der größten Luftfahrtgesellschaften der Welt. Alt für neu bauten ungewollt ein: die europäische Airbus GmbH, Pan Am, TWA, Air France, British Aerospace, Boing und Sikorsky.
Keinerlei Hinweise gibt es dafür, daß die falsch deklarierten Bauteile den Absturz eines Flugzeugs verursacht haben könnten. Übereinstimmend erklärten das das Verteidigungsministerium und die Staatsanwaltschaft. Rice drohen jetzt bis zu fünf Jahren Haft und eine Geldbuße von einer halben Million Mark sowie Schadensersatz in Höhe von knapp zwei Millionen Mark.
Flexibilität bewies Bruce J. Rice auch, wenn es darum ging, Bescheinigungen auszustellen: seine Fälschungen entsprachen exakt den jeweiligen Anforderungen und Auflagen der Industrie. Außerdem soll Rice an Mitarbeiter anderer Firmen Bestechungsgelder gezahlt haben, um an Aufträge heranzukommen.
Der Unternehmer schaffte es aber, über seinen eigenen Schatten zu springen. Er zeigte Reue und bekannte sich der Bestechung, des Betrugs und der Steuerhinterziehung für schuldig, um einer weitergehenden Anklage zu entgehen. Damit erreichte er, daß das Urteil erst nächstes Jahr gesprochen wird. In der Zwischenzeit, so der Deal mit dem Gericht, soll ihm Gelegenheit gegeben werden, den Behörden bei weiteren Ermittlungen zu helfen.
Rice war einer Untersuchungskommission ins Netz gegangen, die gegründet worden war, nachdem eine Firma im US -Bundesstaat Florida beim Verkauf falsch deklarierter Teile ertappt worden war. In den letzten Jahren wurde speziell im militärischen Bereich eine Reihe ähnlicher Fälle aufgedeckt. Und zwar deswegen, so der Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit, Flugkapitän Uwe Holzwig, weil es zu Zwischenfällen kam, bei denen die Qualitätsmängel deutlich wurden.
Wieland Giebel
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen