: Eine kleine Notiz im Geschäftsbericht reicht aus
Das Sponsoring der neunziger Jahre: Sozio-Sponsoring / Aber auch Kulturausgaben sollen sich bis 1995 verdreifachen / BMW: „Reines Marketing-Denken“ ■ Von Manfred Kleinhans
Kaum ein anderer Begriff hat in den letzten Monaten einen solchen Boom gemacht wie das Wort „Sponsoring“. Das Interesse kommt nicht zufällig: Vom Metzgermeister an der Ecke bis zum Multiunternehmer kann Sponsoring als Werbeinstrument - oder wie die Betreffenden lieber sagen: als Kommunikationsinstrument - eingesetzt werden.
Den Sponsoring-Umsatz schätzt Experte Manfred Bruhn von der European Business School im Schloß Reichartshausen im laufenden Jahr auf etwa eine Milliarde Mark. In den nächsten Jahren wird sich der Umsatz verdoppeln. Während derzeit neben dem Sport - fast 80 Prozent der Sponsoring-Ausgaben fließen mit ihrer dank des Fernsehens großen Werbewirkung in den Sport - vor allem das Kultur-Sponsoring einen Aufschwung erlebt, werden in den neunziger Jahren das Sozio-Sponsoring, also das Sponsoring von sozialen Ereignissen, im Vordergrund stehen. McDonald's hat den Zug der Zeit erkannt. Der Fast -Food-Anbieter sponsort Wohnungen für Eltern auf dem Gelände von Kinderkrebskliniken. Aber dennoch: Bis 1995 werden sich die Firmenausgaben für Kultur-Sponsoring verdrei- bis viervierfachen, wie Fachleute erwarten. Kunst und Kultur sind heute zunächst mal selbst wichtige Wirtschaftsfaktoren in der Bundesrepublik, stellte das Münchner Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung in einem Gutachten über Die volkswirtschaftliche Bedeutung von Kunst und Kultur fest. Danach sind (Stand 1984) 682.800 Personen oder 2,7 Prozent aller Erwerbstätigen weitläufig im Kulturbereich beschäftigt, vergleichbar dem Ernährungsgewerbe oder dem Leder-, Textil- und Bekleidungsgewerbe. Kunst und Kultur tragen 2,3 Prozent oder 40 Milliarden Mark zur gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung und 1,4 Prozent oder 5 Milliarden Mark zu den gesamtwirtschaftlichen Investitionen bei. Zum Vergleich: Die Wertschöpfung im Luft und Raumfahrtzeugbau betrug 1984 etwa 4,2 Milliarden Mark mit 56.000 Beschäftigten; in der Büromaschinen- und EDV -Geräteherstellung beläuft sich die Wertschöpfung auf 9,4 Milliarden Mark.
Zur derzeit modischen Frage der „ökonomischen Effekte“ von Kulturinstituten widerspricht das Gutachten der Ansicht, daß Kunst und Kultur lediglich „Kostgänger der Öffentlichen Hand“ seien. Die verschiedenen Aspekte der sogenannten Umwegrentabilität (steuerliche und wirtschaftliche Effekte) sind inzwischen kein Geheimnis mehr. Die oftmals immensen Rückflüsse an die Förderer sind schon in der Kalkulationsrechnung berücksichtigt.
In ihrer Untersuchung Wirtschaftliche Auswirkungen von Kulturangeboten in Bremen stellten Wolfgang Laubmann und Fredo Behrens von der Universität Bremen fest, daß sich die Kulturausgaben für Theater und Museen „schon rein rechnerisch“ für die Stadt lohnen: Subventionen von 32,5 Millionen Mark stehen ausgelösten Zahlungsströmen (getrunkene Biere, beschlafene Betten) an die heimische Wirtschaft von 37,2 Millionen Mark, steuerliche Rückflüsse von 3,8 Millionen Mark gegenüber. In der gesamten Bundesrepublik übersteigen laut Ifo-Studie die Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge aus dem Kulturbetrieb die öffentlichen Ausgaben an die Branche um etwa 150 Prozent.
Sponsoring und Mäzenatentum sind bekanntlich keine Erfindung der Gegenwart. Den Werbecracks ist seit langem klar, daß bei den vielen gleichartigen Produkten das attraktivere „Image“ des Unternehmens entscheidend für den Kauf der Produkte sein kann. „It takes art to make a company great“ ist die Devise von Philip Morris: Mit Kunst macht man ein Unternehmen groß. Durch das Engagement für die Kunst wird im Idealfall das Unternehmen mit ihr identifiziert. „Das fundamentale Interesse der Wirtschaft an der Kunst ist das Eigeninteresse“, sagt ganz ungeniert George Wissmann, Vorstandschef des Konsumgütermulti.
„Bei der vielumworbenen Zielgruppe der vermögenden Privatkunden des gehobenen Mittelstandes und der sozialen Aufsteiger mag Kulturförderung in besonderem Maße Anklang finden“, bekennt Vorstand Kulins vom Deutschen Sparkassen und Giroverband.
16 Millionen Bundesdeutsche interessieren sich nach Expertenschätzung für Kunst und kulturelle Förderungen, drei Millionen besuchen regelmäßig Theater-, Konzert- und Ausstellungsveranstaltungen. „Unsere grundsätzliche Entscheidung, die Kunst zu fördern, war nicht bestimmt durch die Bedürftigkeit oder die Situation der Kunstszene. Unser Bestreben war, es besser zu machen als die Konkurrenz“, zerstört Wissmann den letzten Zweifel am altruistischen kunstliebenden Förderer.
„Unternehmen haben den größten Steuervorteil“, sagt ein Wirtschaftsprüfer, „wenn sie Kunst öffentlich unterstützen. Dazu braucht man keine spektakulären Aktionen, eine kleine Notiz im Geschäftsbericht reicht völlig aus. Denn dann senken die Kosten die Einkommens- oder Körperschafts- und Gewerbesteuer.“ Genauso sei es mit der Kunst im Foyer. Sponsorship - „das ist reines Marketing-Denken“, gibt auch Dr. Horst Avenarius, BMW-Öffentlichkeitsarbeiter, unumwunden zu. „Es dient der Verkaufsförderung. Die Kultur wird als Medium benutzt.“
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