: Bestialischer Gestank aus verbeulten Pestizid-Fässern
■ Bremerhavener in Aufregung
Nasenzeugen haben von erheblicher Geruchsbelästigung berichtet, als sie am Wochenende vom Spaziergang auf dem Bremerhavener Weserdeich zurückkehrten. „Der Hafen stank wie ein Güllefeld“ berichtete die Nordsee-Zeitung. Der Bremer Frachter Taiwan Senator hatte beschädigte Fässer an Bord, deren Inhalt, ein Pestizid namens „Dimethoat“ nun zum Himmel stank. Unsachgemäße Lagerung im Schiffsbauch war die Ursache für das Unglück. Die Bremer Lagerhaus-Gesellschaft, für den Gefahrgut-Umschlag im Computer-Terminal zuständig, hatte Ende vergangener Woche die verbeulten Fässer entdeckt und den Fund samt Gestank dem Hafenkapitän und der Feuerwehr gemeldet. Zu diesem Zeitpunkt lagerten die Fässer mit einem Gemisch aus Schwefel und Phosphor bereits mehrere Tage im Hafen.
Die ursprünglichen Befürchtungen, daß die Ladung, die über einen längeren Zeitraum der sengenden Hitze ausgesetzt war, brennbare Flüssigkeit enthielte, bestätigten sich nicht. Messungen der Feuerwehr ergaben darüber hinaus, daß die entweichenden Dämpfe „in keiner Weise toxisch“ seien.
„Im Grunde ein ganz normaler Vorgang“, so bewertete ein Sprecher der Bremerhavener Feuer
wehr den Vorfall gestern. „Das Produkt riecht auch durch die Verpackung, egal wie oft sie es verpacken, das ist durchaus üblich,“ mit einer solch bagatellisierenden Einschätzung reagierten die Verantwortlichen auf die von Giftgasunfällen allzu häufig verschreckte Öffentlichkeit. Der zuständige Gefahrengutsachverständige Hafenkaptän Nölke hatte erst nach längerer Schamfrist und dann nur sehr unzureichend die Öffentlichkeit informiert. Bei der Bremer Lagerhaus -Gesellschaft hieß es dazu: „Warum die so ein Staatsgeheimnis draus machen, wissen wir auch nicht“.
Angesichts eines dreitägigen Krankenhausaufenthaltes von zwei Lagerarbeitern, denen nach zu engem Kontakt mit den Fässern übel wurde, angesichts der kursierenden Vermutungen, daß die der Hitze ausgesetzten Pestizide einen relativ niedrigen Flammpunkt haben, bleibt die zurückhaltende Informationspolitik der Verantwortlichen unverständlich. Auch wenn in diesem Fall „die Gefahr relativ gering“ war, wie der grüne Hafendeputierte Manfred Schramm einräumt, bleibt für ihn die Frage, warum umweltgefährdende chemische Stoffe nicht generell nur noch in Sondercontainern transportiert und verladen werden dürfen.
anh
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