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Geißler: „Natter an Kohls Busen“

■ Bremer CDU zwischen Ratlosigkeit und Verständnis nach Geißler-Sturz

Mit Verdutztheit, Empörung oder auch demonstrativer Gleichgültigkeit reagierte Bremens CDU-Prominenz gestern auf den Rausschmiß ihres Generalsekretärs durch Parteichef Helmut Kohl. Nur mit einem totalen „black out“ Kohls kann sich die CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Karin Stieringer Kohls einsamen, „in der Form entsetzlichen, inhaltlich unklugen“ Entschluß erklären.

Stieringer: „Einen so qualifizierten Mann in dieser Form abzuschießen, zeugt von geradezu atemberaubender Selbstherrlichkeit.“ Für den Bremer CDU-Parteitag Anfang September prophezeit Stieringer „spannende Debatten“: „Kohl wankt“.

Einen privaten „black out“ hatte gestern Stieringers CDU -Fraktionskollegin Roswitha Erlenwein, der allerdings ausdrücklich nichts mit dem Geißler-Sturz zu tun hat: Ein elektrischer Kurzschluß hatte bei der CDU-Politikerin den Strom ausfallen lassen,

was Erlenwein allerdings nicht hinderte, Kohls Schritt „sehr überraschend und bedauerlich“ zu finden.

Weniger überrascht gab sich gestern CDU-Fraktionsvize Günter Klein. Für Klein gab es bereits vor der Sommerpause und seit Kohls Angebot an Geißler, ins Bonner Kabinett zurückzukehren, „Indizien für das gestörte Vertrauensverhältnis“ zwischen dem Kanzler und seinem General. Nachdem Geißler sich jedoch geweigert habe, die „goldene Brücke des Kanzlers“ zu betreten, habe Kohl vermutlich nur aus taktischen Gründen „den Entfall des Vertrauensverhältnisses“ nicht sofort gezeigt, sondern den öffentlichen Bruch bis kurz vor den Parteitag verschoben. An Geißler jetzt trotz des„offenkundig gewordenen Bruchs“ festzuhalten, wäre für Klein sogar falsch gewesen. „Unter solchen Bedingungen weiter zusammenzuarbeiten, heißt Nattern am eigenen Busen zu nähren.“ Wenig

Verständnis hat Klein deshalb auch für die Kritik der niedersächsischen und baden-württembergischen Ministerpräsidenten an Kohls Entscheidung: „Albrechts und Späths Stellungnahmen waren in den Wind gesprochen. Ernst nehmen hätte man sie nur können, wenn sie bei den Wahlen gleichzeitig gegen Kohl angetreten wären. Das tun sie nicht.“

Mit stoischem Gleichmut reagierte gestern allein der CDU -Abgeordnete Georg Urban auf die Eskapaden an der Spitze seiner Partei. „Ich habe keine Zeit, mich um so etwas zu kümmern. Ich habe zu tun. Das ist der Nachteil derjenigen, die neben der Politik auch noch ein bißchen arbeiten müssen.“ Urban zum politischen Stellenwert des CDU -Führungswechsels: „Ein völlig normaler Vorgang. Mit einer Dreizeilen-Meldung hinreichend gewürdigt: Wenn zwei nicht mehr miteinander können, müssen sie sich halt trennen.“

K.S.

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