: Die Anderen
■ The Guardian / Algemeen Dagblad / Le Monde : Geißlers Ablösung
The Guardian
Die liberale Londoner Tageszeitung befaßte sich mit der Kanzlerentscheidung, Heiner Geißler durch Volker Rühe abzulösen.
Es ist offensichtlich, daß Kohl durch die Ablösung eines erfahrenen möglichen Rivalen durch einen Neuling versucht, seine eigene Position zu stärken. Was auch immer seine Fehler sind, der Kanzler hatte immer zwei politische Stärken: Er gewinnt Wahlen und weiß sich von Parteirivalen zu trennen.
Seine Fähigkeit, seit 1982 an der Macht zu bleiben, hat eine gewisse Kontinuität gesichert, aber der Preis war eine ständige Bereitschaft, sein Mäntelchen in den Wind zu hängen und die Angewohnheit, vor unpopulären und einschneidenden Entscheidungen zurückzuschrecken.
Algemeen Dagblad
Die Tageszeitung aus Rotterdam meint zum gleichen Thema:
Kohl hofft, dadurch einen Teil der konservativen Wähler zurückzugewinnen, die in Massen zu den Republikanern übergelaufen sind.
Das ist, milde ausgedrückt, eine recht opportunistische Reaktion eines westlichen Regierungschefs. Das Ende des Kurses von Geißler, der trotz der Schwierigkeiten mit rechts keine Konzessionen an den vorrückenden früheren SS-Mann Franz Schönhuber machen wollte, scheint jetzt in Sicht. Die Entlassung wird den stetigen Niedergang der Christlich Demokratischen Union nicht beenden, weil ihr Stimmenverlust einer Kombination von Faktoren zuzuschreiben ist. Für den Koalitionspartner FDP, eine Partei der Mitte, ist die Entlassung von Geißler ein Schlag ins Gesicht. Das Ende der Koalition ist mindestens ein Stückchen näher gekommen.
Le Monde
Zur Ablösung von Geißler meint die unabhängige Tageszeitung:
Indem er Geißler verjagt, hat der Kanzler der CDU eine Wende nach rechts geben wollen, in der Hoffnung, die zu den Republikanern übergelaufene Wählerschaft zurückzuholen. Nichts deutet zur Stunde darauf hin, daß die Rückkehr einiger Überläufer die Flucht von Wählern kompensieren wird, die durch die neue politische Orientierung der Partei beunruhigt sind.
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