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AL-Senatorin von „Weißer Riese“ weichgespült

■ Sponsort Waschmittelmulti Ökofilm für Schulen und Kitas? / Umweltsenatorin Schreyer soll als Schirmherrin engagiert werden

Wird in den Berliner Kindertagesstätten und Grundschulen demnächst Frau Klementine auftauchen, um die Kids im Auftrag des rot-grünen Senats über die ökologischen Vorteile der neuen Ariel-Dosierkugel aufzuklären? Nein, wird sie nicht. Wahr ist jedoch, daß der Pädagoge Hans-Joachim Stucke zur Zeit versucht, die AL-nahe Umweltsenatorin Schreyer und den Ariel-Hersteller Procter & Gamble zwecks „Öko-Sponsoring“ zusammenzubringen. Stucke, im Hauptberuf Mitarbeiter der „Stiftung Verbraucherinstitut“, plant ein Projekt, das vier bis siebenjährige Kinder über das ökologisch richtige Verhalten im Haushalt aufklären soll. Ein Zeichentrickfilm, plus Begleitbuch zum Ausmalen, sollte in Schulen und Kitas vorgeführt werden und beispielsweise den richtigen Umgang mit Putz- und Waschmitteln lehren. Wenn die Senatorin bereit sei, sich als Schirmfrau zu engagieren, so erfuhr es Schreyers öffentlichkeitsarbeiter Klaus Kundt, werde der Waschmittelmulti Procter & Gamble das Projekt mit 600.000 Mark unterstützen.

Für den US-Konzern (Umsatz weltweit: knapp 20 Mrd. Dollar; Nettogewinn im letzten Geschäftsjahr: gut eine Milliarde) wäre die Summe ein Klacks; für die dürftig ausgestattete Umweltverwaltung aber eine große Hilfe. Bisher hat sich die Senatorin noch nicht entschieden; es gebe aber „keine Abneigung gegen ein derartiges Projekt“, betont Kundt. Natürlich dürfe keine Firmenwerbung in dem Film auftauchen.

Widerstand kam dagegen von Jugendsenatorin Anne Klein, die von Schreyers Staatssekretär Groth um eine Stellungnahme gebeten worden war. „Wir lehnen eine Schirmfrauenschaft ab“, bekräftigt Kleins Staatssekretär Gerd Harms. Pädagogisch sei das Konzept nämlich „wenig durchdacht“. Harms habe den „Eindruck“ gewonnen, daß der US-Konzern ganz bewußt die drei AL-Senatorinnen „einbinden“ will. „Die AL“, vermutet der Staatssekretär, „soll den 'Weißen Riesen‘ reinwaschen.“

Nun ist der „Weiße Riese“ zwar kein Produkt von Procter & Gamble; dennoch scheint der Ökofilm gut in das neue Marketingkonzept der Gesellschaft zu passen. Die Firma, die Deutschlands Haushalte mit Produkten wie Meister Proper, Ariel, Dash, Lenor oder Spüli zum Glänzen bringt, die mit „Valensina„-Säften für feuchte Kehlen und mit Pampers gegen feuchte Babypopos kämpft, setzt neuerdings auf „Micro Marketing“. Zielgruppenorientierte Werbung soll den TV-Spot für die breite Masse ablösen. Mit speziellen „Schulfunkfilmen“ wollen sich die Werbestrategen des Konzerns in den USA auch die Kinder kaufen. Frau Klementine dagegen soll in die Besenkammer. Das US-Magazin 'Business Week‘ brachte es in seiner jüngsten Ausgabe auf eine kurze Formel: „P&G goes global by acting like a local.“ „Global denken, lokal handeln“ - das müßte der Umweltsenatorin vertraut klingen.

Doch für die Deutschland-Zentrale des US-Multis klingt das offenbar zu schön, um wahr zu sein. Pressesprecher Hans Merkle kennt zwar Stuckes Vorhaben, zeigt sich aber „etwas verwundert“ über die Diskussion, die das Filmprojekt in Berlin ausgelöst hat. „Irgendwelche Zusagen von uns existieren nicht“, so der Firmensprecher. Stucke vermutet nun, die Firma habe „kalte Füße“ bekommen.

hmt

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