: Schweine mit Spoilern
Beim Spiel Düsseldorf - Bochum (2:2) ist die Fußball-Lehre noch nicht Fleisch geworden ■ Aus D'dorf Biermann & Job
Klaus Allofs lebt hier schon lange nicht mehr. Wer an diesem Abend ins Rheinstadion gekommen ist, hat sich gleich vorab auf Fußball nach Hausmacherart eingestellt; schon gar, wenn der VfL Bochum aufläuft. Während zur gleichen Zeit in den prall gefüllten Arenen Münchens und Stuttgarts frugal getafelt wird, gilt für die 14.000 hier das Primat des nackten Nährwerts. Warum auch nicht? Sind doch die Heerscharen der Hartnäckigen spruchfest und leiderprobt wie die Akteure selbst auf abgetrotztes Überleben aus.
Beim Duell des 15. gegen den 16. (das ist selbst nach vier Spieltagen nicht zufällig so) wurde über manche Unzulänglichkeit hinweggeschwiegen. Daß am Ende doch noch alle satt geworden sind, lag schlicht am Spielverlauf.
Bis in die zweite Halbzeit hinein profitierten die Bochumer vom spürbaren Zugzwang, unter den sich der bislang sieglose Gastgeber gestellt sah. Nur Mängel am Ende häufig und überraschend gut vorgebrachter Konter verhinderten, daß der VfL bis dahin schon uneinholbar in Führung ging. Nach zwei Leifeld-Treffern zum 0:2 spielten die Fortunen endlich befreit auf. Waren sie und ihre Fans doch nun wieder in ihrem Lieblingsfilm, Arbeitstitel: Wir reißen es noch raus. Bernd Klotz zu Fuß und Uwe Fuchs per Kopf sorgten für ein Ende mit Geigen.
Aus einem Schwein wird nie ein Rennpferd. Aber warum sollte nicht noch ein Rennschwein daraus werden, ein Schwein mit Spoilern? Eine große Aufgabe für zwei Jockeys wie Reinhard Saftig und Aleksandar Ristic. „Wer kommt mit trockene Trikot in Kabine“, erklärte letzterer anschließend auf der Pressekonferenz, „hat drei Monate Urlaub.“ Den Dauerläufer an der Außenlinie, den selbst der Thron des ortsansässigen Klebstoffherstellers nicht halten konnte, trägt das Schicksal eines erstklassigen Regisseurs an einem Provinztheater mit nahezu aristokratischer Würde. Kein Gejammer über das mäßige Ensemble, sondern harte Arbeit mit „meinen Jungs ist (sein) Spiel“.
Ähnlich Reinhard Saftig, sein Bochumer Kollege. Auch er stellt sich schützend vor seine Akteure, ihrer Defizite ingsgeheim nur zu bewußt. Kommt der Reflex bei ihm auch weniger patriarchalisch als vielmehr pädagogisch. Und wahrlich, niemand sieht netter aus, wenn er einem verlorenen Punkt öffentlich hinterherwinkt. Nein, der Fußball, den diese beiden lehren, ist noch nicht Fleisch geworden, wird es vielleicht nie. Das heiße Bemühen aber, die Attraktion der Ambition, hielt die 14.000 neunzig Minuten lang in Bann.
Und so läßt sich's, Allofs hin oder her, auch mit schlechtem Fußball leben.
D'DORF: Schmadtke - Loose - Werner, Büskens - Chaloupa, Schütz, Backhaus (40.Walz), Krümpelmann, Rada - Fuchs, Preetz (65.Klotz)
BOCHUM: Zumdick - Kempe - Plomp, Reekers - Rzehaczek, Heinemann, Benatelli, Wegmann, Legat - Leifeld, Kohn (70.Nehl)
TORE: 0:1 Leifeld (37.), 0:2 dto. (52.), 1:2 Klotz (71.), 2:2 Fuchs (78.)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen