Giftgaseinsatz in Angola bewiesen

■ Kubanische Truppen haben chemische Kampfstoffe gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt / Der Krieg in Angola dient als Testfeld für neue sowjetische Waffen

Frankfurt (taz) - Kubanische Truppen und sowjetische Instrukteure haben in Angola seit 1986, vielleicht sogar schon früher, Giftgas gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt. Bisher unveröffentlichte „Reports on Angola“ der renommierten Toxikologischen Abteilung der Universität Gent (Belgien) belegen, daß auf zwei Dritteln des angolanischen Territoriums chemische Kampfstoffe gegen große Teile der Bevölkerung verwandt wurden.

Die Kubaner kämpfen seit 1975 gemeinsam mit angolanischen Regierungstruppen gegen die von Südafrika ausgehaltenen Guerillatruppen der Unita. Zum einen soll der Gaseinsatz offenbar den gegnerischen Söldnertruppen der Unita die „menschliche Basis“ vergiften, zum anderen werden neue Gas und Nervengiftmodifikationen aus sowjetischer Produktion im Menschenversuch getestet.

Leiter der hier veröffentlichten Untersuchungen ist Professor A. Heyndrickx, der als leidenschaftlicher Streiter für das Verbot solcher Waffen bekannt ist. Er fertigte auch die Gutachten an, die den Einsatz von Giftgas im Golfkrieg zwischen Irak und Iran belegen.

Das Team von Prof. Heyndrickx unternahm seit Mitte 1986 mehrere Reisen nach Angola, bei denen Blut- und Urinproben vermutlicher Gasopfer - unter anderem durch vergiftete Lebensmittel - sowie Bombensplitter, Gesteins- und Pflanzenproben entnommen und anschließend im Labor der Genter Universität untersucht wurden. Die Ergebnisse waren in den meisten Fällen hochsignifikant und belegen die Verwendung von Senfgas und anderen Nervengasen. Auch nach Beginn der Waffenstillstandsgespräche zwischen angolanischer Regierung und Unita ging der Giftgaseinsatz weiter, wie der achte Report vom Juni 1989 zeigt. Die jüngsten der acht bislang unveröffentlichten „Reports on Angola“ zeigen nach Auffassung der belgischen Wissenschaftler, daß es Sowjets und Kubanern darum ging, Kampfstoffe zu testen, die auf einen Geländepunkt konzentriert werden können.

Daß Unita-Truppen oder die mit ihnen verbündeten Südafrikaner das Giftgas eingesetzt haben könnten, schließt die Wissenschaftlergruppe aus. Die Unita verfüge nicht über die notwendige Luftwaffe, und Südafrika mangele es an der spezifischen Technologie. Auch habe es sich bei den untersuchten Bombenabwürfen eindeutig um kubanisch -sowjetische Angriffe gehandelt.

Hans Branscheidt

Siehe Tagesthema Seite 3