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Tropfendes Gift aus Peking

Die undichten Epichlorhydrin-Fässer im Hamburger Hafen stammen aus einem deutsch-chinesischen Joint-venture-Geschäft / Deutsche Partner sauer über mißglückte Premiere  ■  Aus Hamburg Kai Fabig

Die 624.000 Liter der hochgiftigen Chemikalie Epichlorhydrin, die in teilweise undichten Fässern von Hongkong nach Hamburg transportiert worden waren, befinden sich seit gestern in einem Tank der Spezialfirma Dupeg. Dort wird das hauptsächlich zur Herstellung von Epoxydharzen verwendete Gift voraussichtlich solange lagern, bis sich der Sturm um den „Oostzee„-Unfall und die neuerliche Schlamperei im Hamburger Hafen gelegt hat.

Wie berichtet, war es der Aufmerksamkeit der Hafenarbeiter zu verdanken, daß es nicht wieder zu einem unbeherrschbaren Unfall Marke „Oostzee“ kam. Sie hatten entdeckt, daß es aus einem der 37 Container mit insgesamt über 3.000 Fässern leckte, als diese zum Weitertransport in die Sowjetunion beziehungsweise nach Großbritannien an einen anderen Kai gefahren werden sollten.

Wo das jetzt im Hamburger Hafen zwischengelagerte Gift am Ende landen wird, steht noch nicht fest. Jedenfalls werden die 37 Container nicht nach Hongkong zurückgeschickt. Das versicherte der kaufmännische Geschäftsführer der Duisburger Rütgers-Werke, Dieter Klöver, gegenüber der taz. Die Chemikalie stamme auch nicht, wie ursprünglich berichtet, aus Taiwan, sondern aus der VR China, sagte Klöver. Seine Reise nach Europa verdankt das Epichlorhydrin einem deutsch -chinesischen Joint-venture, der Chemiehandelsfirma Sigeco, an der die Rütgers-Werke Duisburg und die Staatshandelsgesellschaft „China National Chemicals Import -Export“ zu jeweils 50 Prozent beteiligt sind. Diese Firma, die für die Kosten der Entsorgung in Hamburg aufkommt, wurde vor zwei Jahren mit dem Ziel gegründet, chinesische Chemikalien nach Europa zu exportieren. Die jetzige Ladung war die erste mit Epichlorhydrin. Daß bei diesem Einstiegsgeschäft „so etwas passiert ist“, nannte Klöver „maßlos ärgerlich“.

Nach der Panne im Hamburger Hafen ist offensichtlich, daß die giftige Chemikalie, die in Europa 3.000 bis 4.000 Mark pro Tonne kostet, aus ökonomischen Gründen um die halbe Welt transportiert wird. Epichlorhydrin wird nicht nur, wie nach dem „Oostzee„-Unfall angenommen, bei Dow Chemical, Shell und Soveig produziert, sondern auch in der VR China. Weitere Recherchen ergaben, daß auch die Formosa Plastics Group, größte Privatfirma Taiwans, am weltweiten Handel mit dem Gift verdient.

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