: Nazijustiz soll erforscht werden
■ Senat und Bund wollen ein Mahnmal für die Opfer der nationalsozialistischen Justiz aufstellen / Forschungsauftrag über das „Reichsmilitärgericht“
Anläßlich des 1. September soll in Berlin ein Mahnmal für die Opfer der nationalsozialistischen Justiz errichtet werden. Als Standort wurde ein Platz in der Nähe des ehemaligen Kammergerichts am Kleistpark in Aussicht genommen, teilte gestern der Staatssekretär der Justizverwaltung Schomburg mit.
Die Gedenkstätte wird gemeinsam vom Bundesministerium für Justiz und der Senatsverwaltung für Justiz geplant. „So schnell als möglich“ soll es aufgestellt werden, sagte Schomburg, er konnte allerdings weder einen konkreten Zeitpunkt noch einen genauen Ort nennen.
Schomburg will das Mahnmal nicht nur als Ehrung der Opfer der nationalsozialistischen Justiz verstanden wissen, sondern auch als Mahnung, „daß aus Gesetzen Unrecht und aus Richtern und Staatsanwälten auch Täter und Mörder werden konnten“. Für die künstlerische Gestaltung soll es eine öffentliche Ausschreibung geben, gab Schomburg bekannt.
In dem Gebäude des ehemaligen Kammergerichts tagte während der Nazizeit auch der sogenannte Volksgerichtshof, der zahlreiche Todesurteile fällte. Seit Kriegsende beherbergt es den Alliierten Kontrollrat.
Ebenfalls von der Bundesregierung unterstützt wird ein Forschungsauftrag über die Arbeit des „Reichsmilitärgerichts“. Nahezu unbekannt sei die Arbeit dieses Gerichts und solle jetzt, 50 Jahre nachdem die Verordnung über das Sonderstrafrecht in Kriegszeiten in Kraft getreten ist, erforscht und dokumentiert werden. Über den Umfang, die Finanzierung und die Zeitdauer des Forschungsauftrags gibt es bislang noch keine Entscheidung. Die Justizverwaltung wird darüber noch Gespräche mit der Bundesanwaltschaft führen. Beide Vorhaben werden in Absprache mit den Alliierten geplant.
Strom verweigert
Schwierigkeiten hatte gestern das „Büro für ungewöhnliche Maßnahmen“ beim Aufstellen einer anderen Gedenktafel. Als am Nachmittag die Schlosserei beim Kammergericht in der Witzlebenstraße in Charlottenburg eintraf und die Tafel anbringen wollte, die morgen offiziell im Namen der Bürgermeisterin enthüllt werden soll, wurde ihnen der Strom verweigert. „Anweisung des Präsidenten“, wurde ihnen von einem Bediensteten mitgeteilt. Nur der Hilfsbereitschaft der gegenüberliegenden Schule, die mit Strom aushalf, war es zu verdanken, daß ab morgen die Aufschrift daran erinnern kann, daß in dem Gebäude während der Nazizeit das „Reichskriegsgericht“ zahlreiche Todesurteile verhängte. Die Tafel wird heute um 17.45 Uhr von Stadtrat Dykhoff enthüllt. Die Initiative für diese Gedenktafel ging von der Internationale der Kriegsdienstgegner aus. b
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