: Das Ohr an der polizeilichen Basis
■ „Doppelinformation“ oder: Zwei grüne Meisterschützen beim Innensenator
Als Politiker kriegt man im Grunde nichts mehr mit, hat Heinrich Albertz nach seinem Rücktritt als Regierender Bürgermeister West-Berlins erklärt: Nach oben dringen nur mehrfach in der Behörden-Hierarchie gefilterte Ansichten der Realität von ganz unten. Der in Bremen für die Polizei verantwortliche Senator Peter Sakuth sucht deshalb nach wie vor beim Sport den ungefilterten Kontakt und auch hin und wieder im dienstlichen Alltag im Revier. „Als Politiker kann man nur darauf hoffen, daß man diese Doppelinformation erhält“, erklärte Sakuth zwei Schützen-Meistern der Bremer Polizei beim Gratulations-Empfang.
Die Bremer Polizei hat starke Schützen. Polizeihauptwachmeisterin Sabine Köster, noch bei der Bereitschaftspolizei in der Ausbildung, hat den 2. Platz bei den bundesweiten Polizeimeisterschaften gewonnen, mit dem Kleinkalibergewehr. Den dritten Platz bei den Männern - mit der Schnellfeuerpistole - errang der Polizeiobermeister Holger Nesemann, seit 14 Jahren im Dienst.
Nach dem Händeschütteln für den Fotografen schenkt der Senator Kaffee aus und nimmt sich Zeit, um einen kleinen Plausch mit den beiden grün Uniformierten von der Basis zu führen. Wie steht es mit dem Sport bei der Polizei? Man müsse das mehr fördern, verspricht Sakuth und verweist auf seine Verbandsaktivitäten. Der POM kommt sofort zur Sache: „Das hört sich gut an“, sagt er dem Senator, aber wenn man regelmäßig Wochenend-Dienste hat, ist an einen Vereinssport kaum zu denken: „Die Leute fehlen...“
Dasselbe bei der Weiterbildung: Alle acht Jahre eine Weiterbildung ist zu wenig, deutet Sakuth an. Aber wie sollem die Freistellungen für die Weiterbildung verkraftet werden?
Sakuth kennt dieses Lied und hat die Antwort parat: Polizeibeamte kann man nicht bei Hausdektekteien von heut‘ auf morgen abwerben, der Ausbildungsprozeß dauert mehrer Jahre. Und Sakuth ahnt schon, wo sonst an der Basis der Schuh drückt: „Werden Sie immer noch auf die Geiseldrama angesprochen, wenn sie zum Beispiel einen Autofahrer anhalten, der zu schnell gefahren ist?“ Der Schützenmeister kennt das. Nebenbei ist er auch im Präzisions-Schützen -Kommando Bremens (PSK) - und das hat erstens kaum Zeit zum Üben und ist zweitens bei der Geiselnahme nicht zum Zuge gekommen: „Die wußten nichts mit uns anzufangen“, sagt er über die Einsatzleitung. Totschießen übt das PSK in Bremen nicht, versichert er, aber die Pistole wegschießen hätte man vielleicht können. Für die Schießausbildung soll auch etwas getan werden, verspricht der Senator. Er hat die politische Verantwortung über 4000 Menschen, die alle verstanden werden wollen.
Rosi Roland
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