: Iran-betr.: "Mit Radschavi für die Macht im Iran", taz vom 6.7.89
betr.: „Mit Radschavi für die Macht im Iran“, taz vom 6.7.89
(...) Nirumand schreibt, die Volksmudschaheddin seien zur Schah-Zeit eine Guerilla-Organisation mit „verbalradikalistischen und dogmatischen Zügen“ gewesen und hätten nach der Machtübernahme Chomeinis zunächst auf diesen „gesetzt und ihn unterstützt. Nach dem Beginn des bewaffneten Kampfes gegen das Chomeini-Regime (1981) seien sie ab 1982 erneut zu jenem früheren Dogmatismus zurückgekehrt. Hier stellt sich die Frage, warum Nirumand von 1981 bis 1985 (das heißt noch drei Jahre nach dem „Wandel“ der Mudschaheddin „zu ihrem Ursprung“) als Mitglied der Vertretung der Demokratischen Nationalen Front Irans (die immer noch neben weiteren elf Organisationen und Persönlichkeiten Mitglied im Nationalen Widerstandsrat Iran, NWRI, ist, während Nirumand dem Rat blind jegliche konkrete Existenz abspricht) an allen Sitzungen dieses Rates teilnahm und alle Erklärungen und Stellungnahmen des NWRI sowohl als Einzelperson als auch für die von ihm vertretene Organisation unterzeichnete.
Nirumand behauptet, nach den „Niederlagen“, die das Khomeini-Regime ihnen beigebracht habe, hätten die Mudschaheddin den „politischen Kampf, der durch die Bildung einer breiten Front im Rahmen des 'Nationalen Widerstandsrats‘ geführt werden sollte, durch die Strategie des bewaffneten Kampfes ersetzt“. Dazu muß man entgegenhalten, daß das Programm des NWRI und der Provisorischen Regierung, das im September 1981 veröffentlicht wurde, unterstreicht, daß der Nationale Widerstandsrat und die Provisorische Regierung ihre Legitimität „voll und ganz“ aus dem bewaffneten Widerstand gegen das Khomeini-Regime im Iran schöpfen. (...)
Nirumand behauptet weiter, die Schuld für den Ausschluß Banisadrs aus dem NWRI käme den Mudschaheddin zu. Er hat jedoch an allen Beratungen des Rates über den Ausschluß Banisadrs teilgenommen und die entsprechenden Entschließungen unterzeichnet. (...)
Eine der schamlosesten Behauptungen Nirumands ist der Satz, der Angriff der Nationalen Befreiungsarmee des Iran (NLA) habe dem Regime den „Vorwand“ für die Massenhinrichtungen von Tausenden politischen Gefangenen nach dem Waffenstillstand geliefert. Mussavi-Ardebili, Chamenei und Rafsandschani hatten die Massaker schon vor ihm auf gleiche Weise begründet. Hier muß gefragt werden: Warum wurden die meisten Hinrichtungen im Herbst und nicht unmittelbar nach Chomeinis Tod, immer noch an, und warum werden immer noch politische Gefangene mit verschiedenen Begründungen wie „Drogenhandel“ oder „Beeinträchtigung der nationalen Sicherheit“ hingerichtet? Nach Nirumands Logik müßte man für die Hinrichtungen, die nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944 in Deutschland vollstreckt wurden, nicht Hitler sondern die Gruppe um Stauffenberg verantwortlich machen. Ein makaberes Vertauschen von Opfern und Henkern. (...) Nirumand versucht in seinem Artikel, die Mudschaheddin in das Klischee einer militaristischen, dogmatischen und zu Abenteurertum neigenden Guerilla-Organisation zu pressen und sie mittels klischeehafter Kritik an solchen Organisationen ebenfalls in Frage zu stellen. Zu diesem Zweck greift er auch zu Ausdrücken wie „ML-Mottenkiste“ und ähnlichem. Erstens unterscheidet sich eine politische Kraft mit der gesellschaftlichen Basis der Mudschaheddin, an deren Kundgebungen in verschiedenen iranischen Städten Hunderttausende teilnahmen und deren Zeitschrift eine Auflage von bis zu 700.000 Exemplaren erreichte, qualitativ von den Klischees, die Nirumand benutzt. Zweitens ist die Nationale Befreiungsarmee, die der bewaffnete Arm dieses Widerstandes ist, weder hinsichtlich der Kampfmethoden und -taktiken noch hinsichtlich der Anzahl der KämpferInnen und des militärischen Aufbaus noch hinsichtlich der Ausrüstung und Kampfkraft mit einer Guerillatruppe zu vergleichen. Drittens wissen alle, daß die Mudschaheddin sich immer als moslemische, demokratische und unabhängige Kraft bezeichnet haben, und Etiketten wie „islamische Marxisten“ wurden vom Schah-SAVAK erfunden und gebraucht. (...)
Während Nirumand die Beziehungen der Mudschaheddin und des iranischen Widerstandes zum Irak in den Schmutz zieht, vergißt er auf einmal die Friedenspolitik des Nationalen Widerstandsrates, die die Grundlage für Beziehungen des NWRI zur irakischen Regierung ist. Nirumand war selbst Zeuge der unermüdlichen Kampagnen, mit denen der NWRI seit 1982 die Friedenspolitik vorantrieb und die Kriegshetzpolitik Khomeinis zunichte machte. Diese Kampagnen hatten vor allem die gemeinsame Friedenserklärung des Vorsitzenden des NWRI und des irakischen Vizepremierministers vom Januar 1983 und den Friedensplan des NWRI vom März 1983 zum Ergebnis. An der Verabschiedung dieses Plans hat Nirumand als Mitglied der Vertretung der Demokratischen Nationalen Front mitgewirkt. (...)
Viele der Unterstellungen Nirumands gegen die Mudschaheddin, wie die „Austritte von führenden Mitgliedern“ und das „Unterbinden von kritischen Stimmen“ innerhalb der Organisation, sind Klischees, die von Erfindungen des Geheimdienstes Chomeinis übernommen wurden. Außerdem fälscht Nirumand Zitate von Massoud Radjavi und anderen Verantwortlichen der Mudschaheddin. Dazu gehören Ausdrücke wie „Gang durch das Tal der Sünde“ oder „Gang durch die Hölle“, die zeigen, daß Nirumand mit diesem Artikel keine politische Analyse vorlegen, sondern mit dem iranischen Widerstand abrechnen und seine persönlichen Haßgefühle vorbringen wollte. Die wütende Reaktion Nirumands auf die Erklärung des Europaparlaments, in der der Nationale Widerstandsrat Iran offiziell anerkannt wurde, zeugt ebenfalls von seinem Haß. (...)
Pressebüro der Volksmudschaheddn Iran, Köln
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