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WOZU SIND MÄNNER GUT?

Einige Möwenarten und eine Gänseart leben als homosexuelle weibliche Paare über viele Jahre hinweg zusammen. Eine hormonelle Besonderheit oder Evolutionsvorteil unter bestimmten Umständen? Jüngste Forschungen beweisen, daß es in der Tat von Vorteil im Überlebenskampf sein kann, wenn Weibchen ein Paar bilden. Etwa 14 Prozent der Gelege der „Western-Möwe“ auf den Inseln vor Santa Barbara, Kalifornien, enthalten doppelt soviel Eier wie gewöhnlich. Die Nester werden von zwei Weibchen betreut, die - wie Männchen/Weibchen-Paare - über Jahre zusammenbleiben, in der Paarungszeit ihr Territorium verteidigen und jedes Jahr am gleichen Ort nisten. Sie balzen miteinander wie ihre heterosexuellen Nachbarn. Jedoch füttern sie sich gegenseitig seltener, und nur zuweilen versuchen sie zu kopulieren. Homosexuelle Lebensweise der Möwen scheint sinnvoll, weil es - zumindest seit den fünfziger Jahren doppelt soviele Weibchen wie Männchen dieser Möwenart gibt. Männliche Jungvögel sterben aus unbekannten Gründen häufiger als weibliche Jungvögel.

Niemand wußte jedoch bisher, ob und wie die Eier der weiblichen Partner befruchtet werden. Kanadische Wissenschaftler gingen der Sache jetzt mit Genanalysen auf den Grund. Sie beobachteten die acht Eier eines homosexuellen weiblichen Kanadaganspaares. Weibliche Kanadagänse leben ebenfalls öfters als lebenslängliche Partner. Aus sieben der Eier schlüpften Junge aus. Ihre Genanalyse ergab: Jedes der beiden Weibchen war von einem anderen Männchen befruchtet worden und war die Mutter von drei Gänschen. Das siebte Gänschen, ebenfalls der biologische Sprößling einer der beiden Weibchen, hatte ein drittes Männchen zum Vater. Die Untersuchung beweist, daß die homosexuelle Lebensweise der Gänse keine „Notlösung“ ist. Die beiden Weibchen sind nicht, wie oftmals vermutet, zwei Witwen desselben toten oder abwesenden Männchens. Im Fall der Schneegänse ist das Verhältnis von Männchen zu Weibchen sogar eins zu eins. Damit wird die von Verhaltensforschern des öfteren gestellte Frage aufgeworfen, wozu überhaupt Männchen gut sind - nachdem sie ihren Samen gespendet haben. Ein Männchen kann immer mehrere Weibchen befruchten. Weil sich homosexuelle Weibchen während des Balzens selten gegenseitig füttern, sind ihre Eier kleiner und die Jungvögel womöglich empfindlicher. Doch bei doppelt großem Gelege sollten die Homosexuellen gute Chancen haben, zusammen mehr Nachkommen in die Welt zu setzen als ein heterosexuelles Paar. Wie aber steht es mit dem Schutz der Nachkommen? Sind die meist größeren Männchen nicht bessere Beschützer des brütenden Partners und der Jungvögel? Womöglich schon. Aber die Bedrohung geht ja vorrangig von anderen Männchen aus! Bleibt also unbeantwortet, wozu die Männer - in hoher Zahl und nach der Samenspende - gut sind!

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