: Polizeipräsident ermittelt in Sachen „VLP“
■ Wer steckt hinter dem „Verein Leitender Polizeibeamter“? / Polizeipräsident Schertz nimmt Ermittlungen nach dem Urheber der Flugblätter auf
Als eine „gezielte Diffamierungskampagne“ gegen einen Teil der leitenden Mitarbeiter seiner Behörde hat Polizeipräsident Schertz die Veröffentlichungen der taz über die „Vereinigung Leitender Polizeibeamter“ bezeichnet. Wegen der „Schwere der Vorwürfe“, so Schertz, habe er noch am selben Tag alle namentlich in der taz genannten leitenden Polizeibeamten, die auf der Einladungsliste des „VLP“ aufgeführt sind, danach befragt, ob sie die Vereinigung kennen. Dies hätten alle „mit Nachdruck“ verneint. Die „Breite der übereinstimmenden Aussagen“, so der Polizeipräsident, lasse für ihn keinen Zweifel an ihrer Richtigkeit aufkommen. Ein Großteil der im taz-Artikel Genannten hat inzwischen mit Gegendarstellungen reagiert.
Offenbar nimmt aber der Polizeipräsident die Hinweise auf den kurz nach der Wahl des rot-grünen Senats entstandenen Klüngel so ernst, daß er weiter ermitteln will. Die Befragung der Genannten sei nur der erste Schritt gewesen, erklärte gestern Polizeisprecher Glaser. Jetzt würden weitere Nachforschungen angestellt. Aufschluß erhofft man sich von den auf einer der „Informationsschriften“ angebrachten, handschriftlichen Anmerkungen. In der Führungsetage der Polizei ist man sich indessen sicher, daß es sich bei den Papieren, den beiden Informationsblättern, dem Satzungsentwurf und der Einladungsliste mit den Namen von 14 leitenden Polizeibeamten und vier CDU-Politikern um eine „Fiktion“ handelt, die „sicher nicht von einem Wachmann“ in die Welt gesetzt worden sei. Man will deshalb jetzt „im weiteren Umfeld“ der Genannten nachforschen.
Die Gründung der „VLP“, die nach Informationen der taz aus Polizeikreisen kurz nach der Wahl des rot-grünen Senats erfolgte, blieb im Konspirativen stecken. Die im Entwurf der Satzung - datiert vom 21. April - vorgesehene Eintragung ins Vereinsregister wurde nie ernsthaft betrieben.
Grund für einen Zusammenschluß unter Rot-Grün sahen die „Leitenden“ in den in ihren Augen „sprunghaft ansteigenden Aufgaben“ der Polizei und „neuen und noch sozialschädlicheren Formen der Kriminalität“ (siehe nebenstehendes Flugblatt), die mit „Kompetenzzersplitterung und Aufgabenverlagerung“ einhergingen. Die Aufzählung endet mit einem ultimativen „Das kann nicht gutgehen“. Die „Leitenden“ fühlen sich offenbar berufen, das politische Geschäft des Innensenators zu übernehmen, und fordern deshalb, schon heute die „Weichen für das Jahr 2000“ zu stellen. Über die „Gefahren“ müsse die Öffentlichkeit informiert werden. „Freunde“ will man gewinnen und mit anderen zusammenarbeiten - international, wie der Entwurf der Satzung erklärt. Dort ist der Erfahrungsaustausch mit leitenden Polizeibeamten anderer Staaten als „Mittel zur Verwirklichung der Vereinsaufgaben“ vorgesehen. Ganz oben auf der Liste aber steht die eigene Karriere. Die Vereinigung soll eine „zukunftsweisende Bewertung“ der Mitglieder betreiben.
bf
Rechts: das Flugblatt der Vereinigung Leitender Polizeibeamter, das „Vertraulich - von Hand zu Hand“ die Ziele des konspirativen Klüngels erläutert. Ganz rechts: die Abkürzungen der Namen derer, die auf der Einladungsliste des „VLB“ stehen. (Lippok, Kittlaus, Schultz, Ameis, Beier, Buchholz, Chmurzinsky, Döring, Ernst, Grabowsky, Karau, Rabenow, Roppel, Schoebe, Landowsky, Saß-Viehweger, Schmitz, Wienhold)
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