Manager- und Firmen Karussell Europart

■ Der Konkursverwalter begann mit der Arbeit / Vorwurf von Betriebsrat und Belegschaft: Ursachen sind „Managementfehler“

„Ursache für diese Entwicklung sind im wesentlichen gravierende Managementfehler“ behaupteten Betriebsrat und IG Metall vor wenigen Tagen in ihrer gemeinsamen Presseerklärung zum Konkurs der „Europart Electronic-und Kunststoffwerke GmbH“. Gestern nahm der Bremer Rechtsanwalt Hans Richard Schulze seine Arbeit als „Sequester“ (amtlich bestellter Treuhandverwalter) bei Europart auf. Wodurch Europart auf die Pleite zusteuert und inwiefern von dem Konkurs auch diverse andere GmbHs in ihrer Verpflechtung mit Europart und deren Geschäftsführern betroffen sind, ließ sich bislang nicht in Erfahrung bringen: Die Europart -Manager sind seit Tagen nicht zu sprechen.

Im Handelsregister sind seit

der Firmengründung von Europart 1987 etliche Neugründungen von diversen GmbHs bis kurz vor der Pleite zu finden. Das Wirrwarr von Namen und Beteiligungen ist kaum noch zu überblicken. Lediglich die Namen dreier Manager tauchen immer wieder auf. „Europart“ war 1987 in einem spektakulären Management-buy-out aus den Bremer Produktionsstätten der Electronic-Werke Deutschland GmbH (EWD) hervorgegangen, die zum französischen Elektronikkonzern Thomson Grand Public gehören. Geschäftsführer der nunmehr selbständigen Bremer Firma wurden zwei der Topmanager von EWD: Manfred Zemitzsch, bisher Produktionsleiter, und Peter Ballerscheff, bisher Technologiechef der deutschen Thomson-Werke. Zunächst noch unter Beteiligung

anderer KollegInnener Bremer Firma gündeten die Manager Anfang Juli 1987 mit 100.000 Mark Stammkapital die „Visurgis Verwaltungsgesellschaft mbH“, die dann wiederum Beteiligungen an der neugegründeten Europart erwerben konnte. 51 Prozent der Europart-Anteile hielten die Manager auf diesem Wege zu Anfang des waghalsigen Unternehmens. Den Rest teilten sich Thomson und die Bremer HIBEG. Die Verhandlungen mit Thomson führte seinerzeit Hans-Peter Steinmetz, damals noch Geschäftsführer der HIBEG, seit Januar 1988 der dritte im Bunde der Europart -Geschäftsführer. Einer von ihnen, Peter Ballerscheff, hat bereits zum 1. Juni 1989 seinen Hut genommen. Ein wichtiges Datum, so scheint es: Gleichzeitig mit seinem Ausstieg traten die bisheri

gen Mit-Gesellschafter der Visurgis ihre Anteile an Steinmetz und Zemitzsch ab, das Visurgis-Stammkapital wurde um 500.000 (auf jetzt 600.000) Mark erhöht. „Warum? Das werde ich Ihnen nicht verraten“ erklärte gestern die ausgestiegene Mit-Gesellschafterin Antje Strahmann der taz. Alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer dieser Europart -Beteiligungs-GmbH sind nun Zemitzsch und Steinmetz, in einem Kapital-und Stimmverhältnis von 75:25 Prozent.

Auch die Europart erhielt in diesem Zeitraum einen neuen Gesellschaftsvertrag. Thomson trat zugunsten der beiden Manager seine Anteile weitestgehend ab. Zemitzsch und Steinmetz erhöhten ihre Beteiligung an Europart auf rund 70, die landeseigene HIBEG behielt 24,5 Prozent.

Zwei andere Unternehmen mit dem Geschäftsführer-Duo Zemitzsch/Steinmetz an der Spitze sind die „Europart Grundstücks-Beteiligung GmbH“ und die erst am 20. Juni 1989 gegründete „Europart Grundstücks-GmbH & Co. Verwaltungs-KG“. Über Sinn und Zweck dieser Gründungsstrategien ließe sich nur spekulieren. „Ich weiß nur von den beiden Grundstücken des Firmengeländes der Europart“ erklärte ein Vertreter der HIBEG gestern. „Meist sind Steuervorteile oder beabsichtigte Haftungsbeschränkungen die Ursachen der Gründung“ erklärt ein Wirtschaftslexikon die GmbH & Co. KG.

Als die „Europart Kunststoffwerke“ im Juni 1989 ihren Gesellschaftsvertrag änderte, geschah dies vor allem, um den

Beirat, ein Beratungsorgan aus Vertretern von Banken und Industrie, darin zu installieren. Zusammen mit einem Wirtschaftsberater wurde ein Konzept entwickelt und geprüft, welche Fortsetzungsmöglichkeiten für „Europart“ bestehen: Schon Anfang des Jahres habe sich abgezeichnet, daß das Unternehmen aus eigenen Mitteln nicht weiterkommt. Bis in die vergangene Woche seien fieberhaft Verhandlungen geführt worden. Es habe sich jedoch kein „kompetenter Industriepartner“ gefunden, versichert HIBEG-Vertreter Geertz. Inwieweit ein Fortsetzungskonzept zum Beispiel durch Ausgliederung von Unternehmensteilen eine Chance habe, um Arbeitsplätze zu sichern, bliebe abzuwarten.

Birgitt Rambalski