: Erörterung um die Linie 6
■ Einwendungen gegen das Stadtbahn-Projekt beim Bausenator diskutiert
Wenn der Gesamtverband Natur-und Umweltschutz (GNUU) mit der Handelskammer auf einem Klavier spielt, muß das nicht immer harmonisch klingen. Auf einem Erörterungstermin gegen den Ausbau der Straßenbahnlinie 6 in der Hermann-Böse-Straße gehörten beide am letzten Dienstag nachmittag zu den Einwendern, ohne auch nur ein Argument gemeinsam zu haben.
Das Amt für Straßen- und Brückenbau (ASB) plant für 1990 den Umbau der Straßenbahngleise in der Hermann-Böse Straße. Dabei soll der Gleiskörper um 10 cm erhöht werden und stadteinwärts ein neuer Rechtsabbieger zur Stadthalle gebaut werden. So will das ASB die Straßenbahnen an den Autostaus in Richtung Feierabend vorbeilenken. Der Clou der Sache: 60 Prozent der Gesamtkosten von 7 Millionen Mark übernimmt der Bund durch das „Gemeindeverkehrs-Finanzierungsgesetz“ aber nur dann, wenn der gesamte Gleiskörper erneuert wird.
Im Amtsdeutsch ist das ein „Plan für den Bau einer Stadtbahn Huchting-Horn-Lehe“. Ein solches Stadtbahnprojekt gibt es nicht, „das ist nur eine Sprachregelung“ schränkt ASB-Sprecher Heiko Wenke ein. Das hochtrabende Projekt birgt aber mehrere Haken, wie auf dem Erörterungstermin deutlich wurde.
Andreas Mausolf von der GNUU hält die Erhöhung der Straßenbahntrasse für unverhältnismäßig. Den teuren Hochbau mit Großbetonflächenplatten, die
das Rattern der Straßenbahnen dämpfen sollen, will er durch Rasengleiskörper ersetzen. „Dadurch wird das ökologische Kleinklima gehalten und der Effekt des Schallschluckens ist der gleiche.“ Zudem vermutet er „verdeckte Straßenbauabsichten“, die der Schwachhauser Beirat in das Programm des ASB lanciert habe. Die neue Abbiegerspur vertrage sich nicht mit der Absicht der Behörde, den Komplex Stadthalle/Kongreßzentrum enger an den ÖPNV anzubinden. Genau hier läuft aber der Hase über die Trasse: einerseits sollen die Bremer PendlerInnen auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen, andererseits ist das entsprechende Angebot zur Zeit aber so mies, daß die Menschen lieber in ihren eigenen Autos im Stau stehen als in Bus oder Bahn. „Ich meine, wir sollten nicht fünf
Schritte auf einmal machen“, meinte Klaus Hinte , Leiter der Straßenverkehrsbehörde und Vater der Bremer Baustellen, und unterstützt die Konzeption des ASB als „ersten Schritt“ zur Förderung des ÖPNV. Er mußte sich von der Handelskammer vorwerfen lassen, mit gezielten Staus Bremer Verkehrspolitik betreiben zu wollen. Die Handelkammer fürchtet nämlich die Staufolgen für den Wirtschaftsverkehr, und damit die Brummis auch weiterhin ungehindert durch Wohngebiete brettern können, sperrt sie sich vor allem gegen die Einspurigkeit der Hermann-Böse-Straße in Richtung Stern als Folge der Umbaumaßnahme.
Die endgültige Entscheidung Verkehrs-Senator treffen. Den Baubeginns sieht ASB-Sprecher Wenke auch durch die Einwendungen nicht gefährdet.
mad
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