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Stadtteilschule im Sperrmül-Chic

■ Gesamtschule Mitte startet in Bau-Ruine / Beirat tagte, aber weiß auch nicht weiter

180 SchülerInnen gibt es schon, 28 LehrerInnen sind auch schon da, einen richtigen Schulleiter gibt es und eine Elterninitative auch. Aber zu einer richtigen Penne fehlt der neuen Gesamtschule Mitte trotzdem noch so allerhand. Zum Beispiel Moltofill in -zig Dübellöchern, frische Farbe an den Wänden, Vorhänge vor den Fenstern, Tafeln hinterm Lehrerpult, Regale in den Klassenzimmern, Fachräume für den naturwissenschaftlichen Unterricht, eine Küche für den Abwasch, von einem „flächenentsiegelten“ Schulhof ganz zu schweigen. Sowas kommt von sowas.

Aber was ist „sowas“? Zwei Stunden bemühte sich am Dienstag abend der Stadtteilbeirat Östliche Vorstadt um Aufklärung und - scheiterte. Keiner ist schuld, daß neue Schulen zwischen Pappkartons und Sperrmüll-Mobiliar Premiere feieren, scheint in Bremen einfach der Normalzustand zu sein.

An der Schulleitung hat es jedenfalls nicht gelegen (sagt Schulleiter Armin Stolle. Er hat der Bildungsbehörde bereits vor einem halben Jahr den dringenden Sanierungsbedarf seiner Schule geschildert und ein Wunsch-Raumplankonzept vor

gelegt. Nur passiert ist nichts). Das wiederum hat an der Bildungsbehörde aber auch nicht gelegen ('sagt deren Vertreter, Schulbau-Planungsreferent Walter Seitz. Seitz hat bereits im Februar dem Hochbauamt einen entsprechenden Planunsauftrag zur Sanierung der Schule erteilt und fühlt sich seither nicht mehr zuständig. Solange das Hochbauamt plant, seien weitere Zwischenberichte von seiner Seite nicht zu erwarten, sagte Seitz und gab sich auch ansonsten alle Mühe, dem Klischee „Gesamtschule ist, wenn nichts klappt“ mit amtsautorisierten Argumenten auf neue Sprünge zu helfen. Der Behördenvertreter wörtlich gegenüber den 10 Beiratsmitgliedern und ungefähr 80 interessierten Anwohnern: „Ich darf bitten, mit meiner kurzen Auskunft zufrieden zu sein. Wir müssen uns eben in Geduld fassen.“)

Damit war der schwarze Peter beim Hochbauamt und hätte da eigentlich für den Rest des Abends auch bleiben können. Bis der Zufall wollte, daß ein Mitarbeiter des Hochbauamtes sich im Publikum fand, der ihn verständlicherweise auch nicht haben wollte. Zu seiner Rechtfertigung konnte er erstens darauf verweisen, daß im Hochbauamt in den letzten Jahren

exakt die Hälfte der Mitarbeiter wegrationalisiert worden sei, und zweitens erst die Behördenpläne für ein „Raumkonzept für die GSM“ erst im Juni eingetrudelt seien. Und ohne Raumkonzept könne selbst das bestbesetzte Hochbauamt nicht planen. Ende September, versprach der beamtete Hochbauer, könne aber nun mit einem „1. Planungsentwurf“ gerechnet werden.

Was noch lange nicht heißt, daß dann endlich Maurer, Maler und Klempner kommen. I bewahre. Dann geht der 1. Planungsentwurf zunächst mal ins erste behördeninterne Abstimmungsverfahren, das seinerseits dann zu einem zweiten Planungsentwurf führt usw. Bei dieser Erkenntnis angekommen, streckte der Beirat vorerst die Waffen und tat, was demokratische Gremien immer tun, wenn sie auch nicht mehr weiterwissen: Das Problem „Sanierung der GSM“ wurde in den zuständigen Beiratsunterausschuß verwiesen. Kommentar von Eltern-Initiativen-Sprecherin Irmy Blekker: „Ich seh schon, die Behörde rechnet anscheinend damit, daß auch beim nächsten GSM-Jahrgang die Eltern zunächst mit Farbeimern in die Schule kommen und den Pinsel selbst schwingen.“

K.S.

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