: Bellevue-Pleite reißt noch mehr Häuser mit
■ In der Sondersitzung des Bauausschusses wurden weitere Details bekannt / Millionenverlust für das Land Berlin / Bausenator Nagel hielt sich zurück
Hiobsbotschaft bei der Sondersitzung des Bauausschusses: In den Konkurs bei der Abschreibungsgesellschaft „Bellevue“ werden möglicherweise weitere 29 Häuser hineingezogen. Für das Land Berlin würden dann 32 Millionen an Landesbürgschaften fällig.
Durch beredtes Schweigen glänzte Bausenator Nagel bei der gestrigen Sitzung. Dem Ausschuß berichtete vor allem der Vorstand der Wohnungsbaukreditanstalt, Riebschläger. Man habe die komplizierten Beziehungen im Dickicht der vielen verschiedenen Gesellschaften der Bellevue noch nicht geklärt, meinte er.
Die vom möglichen Konkurs betroffen 29 Häuser wurden nach dem sogenannten §17-Programm gefördert. Während die Vertreter der Gesellschaft wollten, daß die WBK ihre pauschalen Generalübernehmer-Rechnungen anerkennt, würde es für WBK billiger werden, auf einer Einzelkosten-Abrechnung zu bestehen. Deswegen könnte es aber erst recht zur Pleite kommen, was aber für die öffentliche Hand nach Ansicht Riebschlägers nicht so schlimm ist: „Zwar würden dann 32 Millionen Mark an Landesbürgschaften fällig, dafür würde aber die WBK rund 80 Millionen an künftigen Aufwendungszuschüssen sparen.“ Nach Behauptungen der Bellevue-Geschäftsführung seien die Banken schuld an deren desolater finanzieller Lage. Die Banken hätten nicht nur bei der WBK direkt kassiert, sondern auch die Mieten der Bellevue-Häuser einbehalten.
Sechs Häuser, berichtete Riebschläger weiter, seien 1987 gefördert worden, als der WBK die finanziellen Schwierigkeiten der Gesellschaft bereits bekannt waren. Zwei weitere Häuser waren sogar 1988 gefördert worden, berichtete ein Vertreter des Vereins SO36. Der Verein forderte den Bausenator auf, endlich die Mieter zu informieren und bei schleppenden Bauarbeiten in Bellevue-Häusern Ersatzvornahme zu leisten. Das sei, sagte Nagel, Sache der Bezirksämter. „Die haben dazu genug Geld, wenn der Topf alle ist, wird er wieder aufgefüllt. Natürlich macht man bei dem Verfahren den Bock zum Gärtner“, meinte Nagel weiter. Denn es seien immer die gleichen paar Leute, die in den Verhandlungen mit den verschiedenen Gesellschaften der Bellevue auftauchten.
Ebenfalls kein Unbekannter war der Vertreter der Senatsbauverwaltung: Referatsleiter Kujath verhandelt seit zehn Jahren mit der Bellevue. Dafür aber zeigte er sich erstaunlich schlecht informiert: Er sagte nicht nur während der ganzen Sitzung kein Wort, die Bauverwaltung verfügte noch nicht einmal über eigene Unterlagen. Selbst den Bericht des Rechnungshofes über die Bellevue mußte ihnen der wissenschaftliche Mitarbeiter der AL, Volker Härtig, zur Verfügung stellen.
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