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Der bundesdeutsche Kinoherbst

■ Warum auf dieser Seite von Spielberg und nicht von Resnais die Rede ist

Jedesmal, wenn Filmfestspiele sind wie jetzt in Venedig, glaubt man, sich vor der Unmenge neuer Filme gar nicht retten zu können; auch beim Durchblättern der Programmzeitschriften von Berlin, Hamburg, München oder Frankfurt beeindruckt immer wieder die große Auswahl. Nicht selten wird die taz-Filmredaktion vom schlechten Gewissen geplagt, angesichts der vielen, teils absichtlich nicht erwähnten, teils schlicht vergessenen Filme.

Aber der Schein trügt. Circa 3.500 Leinwände gibt es in der Bundesrepublik. Über diese flimmern zur Zeit: James Bond mit (noch) 300 Kopien (zum Filmstart waren es 434), Otto mit (noch) 336 Kopien. Nächste Woche kommt Indiana Jones mit mindestens 350 Kopien dazu. Berücksichtigt man des weiteren Blake Edwards neuesten Klamauk mit 150 Kopien, Die Götter müssen verrückt sein mit 156 Kopien, In einem Land vor unsrer Zeit mit 200 Kopien, Zwei hinreißend verdorbene Schurken mit 104 Kopien und Brennpunkt L.A. in entsprechender Menge, sind bereits fast die Hälfte aller Leinwände okkupiert. Ende des Monats kommt James Camerons Abyss - Der Abgrund dazu (218 Kopien) und im Oktober, als Höhepunkt des diesjährigen Kinoherbstes, der neue Batman mit Jack Nicholson. Mehr als 500 Kopien will der Verleih zum Filmstart einsetzen.

Und die Feuilletons schreiben ungerührt über Ivens (5 Kopien), Claude Sautet (15), Dominik Graf (2), Spike Lee (18) oder Lina Wertmüller (9, die Zahlen stammen aus der 3. Augustwoche). Die taz beugt sich daher heute ausnahmsweise der Macht des Faktischen: Zeilen- und Kopienmenge sind diesmal aufeinander abgestimmt, das Autorenkino von Achternbusch bis Resnais muß sich heute mit Bildunterschriften zufriedengeben, und Spielberg kriegt schon vorab fast 'ne Seite. Ab nächste Woche wird die Industrie wieder nach Kräften ignoriert.

taz

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