Irak: 700 Tote bei Explosion in Raketenfabrik

■ Bereits am 17.August hatte eine Explosion ein Drittel der riesigen Fabrik des irakischen Verteidigungsministeriums zerstört / Irak verschwieg das Unglück / Kein Anzeichen von Sabotage / Ägypten bestätigt jetzt entsprechenden Bericht einer britischen Zeitung

London (taz) - Bei einer Explosion in einer geheimen Raketenfabrik im Irak sind 700 Menschen ums Leben gekommen. Das berichtete gestern der britische 'Independent‘ unter Berufung auf US-amerikanische Diplomaten. Die Explosion in dem militärischen Industriegebiet bei Al Hillah, 65 Kilometer südlich von Bagdad, hatte sich bereits am 17. August ereignet, wurde jedoch von den irakischen Medien verschwiegen.

Das Unglück sei durch Materialüberhitzung verursacht worden. Anhaltspunkte für Sabotage gebe es bisher nicht. Irakische Quellen bestätigten gegenüber dem 'Independent‘, daß ein Drittel der riesigen Anlage des irakischen Verteidigungsministeriums durch die Explosion zerstört worden sei.

In diesem Teil waren die Behausungen der Arbeiter und eine Waffenproduktionshalle untergebracht. Unter den Toten befinde sich auch eine Reihe ägyptischer Ingenieure. Ägypten und der Irak arbeiten seit zwei Jahren bei der Entwicklung neuer Raketen mit doppelter Reichweite zusammen. Offenbar seien am 18. August drei Flugzeuge der ägyptischen Luftwaffe in den Irak geflogen, um die toten und verletzten Ägypter nach Kairo zu transportieren. Diese Transporte seien von dem 3. Raketenregiment „Zafer“ durchgeführt worden. Das Regiment existiert seit 1964 und wurde von Experten aus der DDR ausgebildet. Laut 'Independent‘ war das Maadi -Militärkrankenhaus in Kairo ab 19. August zwei Wochen lang für Besucher gesperrt. Ärzte und Krankenschwestern, die auf Hautverpflanzungen und Verbrennungen spezialisiert sind, seien damals nach Kairo beordert worden.

Augenzeugen berichteten, daß die Wunden der Verletzten Ähnlichkeiten mit denen bei Opfern chemischer Waffen aufwiesen. Der Irak hatte chemische Waffen sowohl im Golfkrieg als auch gegen die kurdische Minderheitsbevölkerung im letzten Jahr eingesetzt.

Ein Sprecher des Kairoer Verteidigungsministeriums bestätigte am Mittwoch das Explosionsunglück. „Nicht wahr“ sei der Bericht über die Transportflüge und daß das Militärkrankenhaus in Kairo vom 19. August an für zwei Wochen wegen der Behandlung dieser Opfer für alle zivilen Besucher geschlossen worden sei.

Ralf Sotscheck/dpa