Mietwucher angezeigt

Ostertorsteinweg: Weiblicher „Miethai“ verdient durch Wuchermieten an Flüchtlingen  ■  Wolfgang Golinkski am Tatort - gut bewirtet Foto: W.

Steinberg

Blanker Ausländerhaß, multipliziert mit Wohnungsnot plus behördlicher Hilflosigkeit: das ergibt auch im kapitalistischen Kleinstaat Bremen Mietwucher. Denn immer mehr VermieterInnen lassen es sich sehr teuer bezahlen, wenn sie ihren Wohnraum übergangsweise an die verhaßtesten aller AusländerInnen, die „Asylanten“ vermieten. In dieser Woche erstattete der Bremer Rechtsanwalt Reinhard Engel Strafanzeige gegen die Vermieterin Gerda Joost. Ihr gehört außer einer Pension in der Hohenlohestraße und anderen Liegenschaften auch das Haus Ostertorsteinweg 91/92. Oberhalb der Szene-Boutique „Merlin“ vermietet sie hier drei möblierte Etagen an AsylbewerberInnen. Pro Monat kassiert sie für die drei feuchten Wohnungen eine Bruttomiete von 11.300 Mark, die ihr direkt vom Sozialamt überwiesen wird. Ganz oben über „Merlin“ wohnt die kinderreiche kurdisch -libanesische Familie Issmail. Die Badewanne liegt voller Schmutzwäsche, denn die Vermieterin hat eine dritte Wohnung im Haus, in der die vom Sozialamt finanzierte Waschmaschine steht, einfach abgeschlossen. Der Grund: Das Sozialamt hatte sich geweigert, für diese untere Wohnung weiterhin 3.500 Mark Miete zu bezahlen. Die Vermieterin schloß daraufhin als Druckmittel diese untere Wohnung samt Waschmaschine ganz ab.

„Meiner Ansicht nach ist das ein Fall, wo eine Wohnung beschlagnahmt werden müßte“, erklärt Rechtsanwalt Engel gestern der Presse. Und in den beiden anderen bewohnten Wohnungen mache sich die Vermieterin des Mietwuchers schuldig, da ihre Mieten 200prozentig überteuert seien. Auch handele es sich nicht um eine „Hotelunterkunft“, sondern um einfachen möblierten Wohnraum. Demnach sei es völlig unangemessen, pro erwachsene MieterIn 19,50 Mark und pro Kind 10 Mark täglich für „Hotelübernachtungen“ zu berechnen. Von täglicher Reinigung oder frischer Bettwäsche merkten die Issmails nichts, eher von Stromausfall.

Der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Paul Tiefenbach bemängelte gestern „die Konstruktion, bei der das Sozialamt nicht selbst als Mieter auftritt und sich so aus der Verantwortung stiehlt.“ Auch sei es ihm unverständlich, daß in Zeiten der Wohnungsnot städtische Häuser wie das in der Hastedter Heerstraße 70 leerstünden.

Insgesamt leben in Bremen mittlerweile 1.000 Flüchtlinge in 38 „Hotels“ und „Pensionen“ - mit steigender Tendenz. Die völlig unterbesetzte Wohnungshilfe des Sozialressorts hält sich mit Kritik an den „Miethaien“ zurück. Sie ist auf diese VermieterInnen angewiesen, um überhaupt Asylbewerberinnen unter den ausländerfeindlichen BremerInnen unterzubringen. Gestern allerdings erklärte der Leiter der Wohnungshilfe, Golinski, sein Amt werde sich von der angezeigten Vermieterin Gerda Joost „verabschieden“: „Uns reichen diese Zustände.“ Zudem hat der Bremer Senat über die „Bremische Gesellschaft“ zehn Häuser für Flüchtlinge ankaufen lassen.

Die Vermieterin selbst, die Pensionswirtin Gerda Joost, die einen leicht verwahrlosten Eindruck macht, sieht sich nicht als „Miethai“. Sie habe dem Sozialamt „helfen“ wollen und leider viel zu viele finanzielle Verpflichtungen.

Barbara Debus