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Konflikt programmiert

■ DRK möchte Umsiedler neben Britzer Asylbewerberheim campen lassen / Alle Asylheime überfüllt

Noch an diesem Wochenende will das Rote Kreuz auf dem Gelände eines DRK-Wohnheims für Asylbewerber an der Gutschmidtstraße 37-77 in Britz 30 Wohnwagen primär für Aus und Übersiedler aufstellen. Insgesamt 120 Personen sollen dort zunächst bis Ende Oktober untergebracht werden.

Als gestern an der Gutschmidtstraße die ersten Wohnwagen auf eine freie grüne Wiese rollten und Bauarbeiter mit der Einbetonierung von Masten für Stromleitungen begannen, gab es jedoch schon die ersten massiven Proteste von Heimbetreuern. Sie befürchten, daß es zwischen den derzeit ca. 260 Bewohnern des Heims - hauptsächlich Iraner, Äthiopier und Polen und den avisierten Gästen Konkurrenz und Konflikte um die Benutzung der vorhandenen knappen Sanitäreinrichtungen - vier Duschen für jeweils 50 Männer und Frauen - geben könnte. Diese Sorge wollte DRK-Sprecherin Wehling zerstreuen. Ebenfalls noch am Wochenende würden Duschen und Toiletten auf dem Wohnwagengelände stationiert, versicherte die Sprecherin. Doch die Bedenken bestehen fort. So ist wegen der bislang fehlenden Abwasserkanalisation vorgesehen, daß die Wohnwageninsassen ihr Schmutzwasser in Eimer gießen. Ein Mitarbeiter: „Man kann sich vorstellen, daß kaum jemand Lust haben wird, einen Eimer zum Gully zu tragen. Das ganze Wasser wird im Boden versickern, das wird eine Riesen-Umweltsauerei.“

Stirnrunzeln gibt es auch in Sachen der Verpflegung der Neuankömmlinge. Sie sollen mit Fertigmenüs verköstigt werden. Ein Chaos beim absehbaren Sturm auf die wenigen Gemeinschaftsküchen in zwei länglichen Baracken scheint programmiert. Weitere Befürchtung der Britzer Heimbetreuer: Die Wohnwagenleute würden sich nicht für die Reinlichkeit in den Baracken der jetzigen Heimbewohner verantwortlich fühlen. Wie auf einem nachlässig geführten Campingplatz könne alles sehr schnell „versyphen“.

Aus der Sicht der DRK-Mitarbeiter fangen die Probleme schon bei der Zusammenführung von Flüchtlingen mit unterschiedlichem rechtlichen Status an. Das sei im Grunde „nicht die Politik des Roten Kreuzes“. Man rechnet mit unnötigen Reibereien zwischen den Umsiedlern und der in Britz zusammengewürfelten Gruppe von bedrängten Flüchtlingen aus fast allen Armutsländern der „Dritten Welt“. Tatsächlich gebe es in den DRK-Heimen „erhebliche Vorbehalte der Übersiedler gegen jede Art von Ausländern“, bestätigte DRK -Sprecherin Wehling. In der jetzigen angespannten Situation sei die getrennte Unterbringung der Aus- und Übersiedler und der Asylbewerber aber leider „nicht überall durchzuhalten“.

Thomas Knauf

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