Wer ist die Grünste im ganzen Land?

■ Nach den Wahlen in den Niederlanden stehen die Zeichen auf große Koalition

Die „Grünen Wahlen“ haben den niederländischen Ministerpräsidenten Ruud Lubbers in die komfortable Lage versetzt, seinen künftigen Koalitionspartner aus einer Position der Stärke heraus zu bestimmen. Weder die sozialdemokratische PVDA noch der bisherige Partner VVD können nach diesem Ergebnis große Töne spucken: Die für die Umwelt sensibilisierten Niederländer erteilten den Rechtsliberalen für ihre einseitig wirtschaftsfreundliche Politik eine klare Absage.

Auch „Grün-Links“, ein bisher in der niederländischen Parteienlandschaft unter „Klein-Links“ summiertes und getrennt chancenlos agierendes Bündnis aus Sozialisten, Pazifisten, Kommunisten und Christen, hat ihr Klassenziel verfehlt. Ihr konsumentenfreundliches Etikett, das ihnen nach Umfragen vor der Wahl mindestens zwölf Sitze im Unterhaus hätte einbringen müssen, hat weder Neuwähler noch zweifelnde PVDA-Wähler letztendlich auf ihre Seite gezogen. Mit Erfolg hatten auch die großen Parteien ihre Bereitschaft zur „sauberen Technologie“ herausgestellt und damit den Ökosozialisten den Wind aus den Segeln genommen.

Gescheitert war Lubbers Liaison mit den Rechtsliberalen an der Finanzierung eines bisher weltweit einzigartigen „Umweltfahrplans“: eine Verdoppelung der jährlichen Aufwendungen für den Umweltschutz sollte bis zum Jahr 2010 70 Prozent der schädlichen Emissionen im Lande beseitigen und den Energieverbrauch um 30 Prozent reduzieren. Daß es dabei den Autofetischisten an den Kragen gehen sollte, war evident. Parteibasis und Fraktion der Liberalen ging der Vorschlag von Umweltminister Nijpels (VVD) schließlich zu weit: Sie wollten sich ausgerechnet von „ihrem“ Minister das Autofahren nicht verbieten lassen.

Die Aussicht auf eine Fortsetzung der bisherigen Zusammenarbeit von Christdemokraten und Rechtsliberalen ist nach diesem Wahlergebnis äußerst gering. Zwar ist es der Arbeiterpartei (PVDA), nicht gelungen, eine künftige Koalition zwischen CDA und VVD gänzlich unmöglich zu machen. Ruud Lubbers müßte aber, wenn er sich für die Rechtsliberalen entscheidet, seine Kollegen im parlamentarischen Alltag schon vom Krankenlager in den Haager „Binnenhof“ zitieren, um sein Kabinett im Sattel zu halten. Wenn nicht die Niederländer bereits im nächsten Jahr wieder an die Urne gerufen werden sollen, kommt Lubbers an den Sozialdemokraten nicht vorbei. Aber auch im Fall einer großen Koalition ist ein möglicher Stolperstein bereits vorprogrammiert: Der nächste Sprengsatz heißt Sterbehilfe.

Henk Raijer