: Wenn das Telefon keine Münzen schluckt...
■ ...ist es ein Kartentelefon / Die Post freut sich über zinslosen Kredit und weniger Störungen
In Bremens Telefonzellen sucht inzwischen manchner vergeblich nach dem Schlitz fürs Geld. „Telefonieren ohne Münzen“ - heißt der Slogan, mit dem die Post für den Kauf kleiner Plastikkärtchen wirbt. Für den Preis von 12 bzw. 50 Mark können damit in den neuen Breitschlitz-Telefonen 40 bzw. 200 Einheiten vertelefoniert werden ohne Münzen nachzuschieben. Ein kleiner Chip in der „Telefonkarte“ sorgt für die korrekte Abrechnung. Ist die Karte „leer“ steht ein Abfallbehälter in der Telefonzelle bereit. Doch ein Recycling findet bislang noch nicht statt.
Schon 1995 soll die Hälfte aller bundesdeutschen Telefonzellen nur noch mit „Karte“ funktionieren. Für die Post ist das ein gutes Geschäft: Mit dem Kauf der Karten bekommt sie einen zinslosen Kredit, das Aufknacken von öffentlichen Telefonen lohnt nicht mehr und das aufwendige Einsammeln der Münzen entfällt.
Tonnenweise Kleingeld
10.000 Tonnen Kleingeld holen die Postbeamten heute noch jährlich aus den Zellen. Sechs Güterzüge von je 700 Meter Länge ließen sich damit bis unters Dach füllen. In drei Erprobungsgebieten zeigten die Kartentelefone 60 Prozent weniger Störungen als die Münzer. Da die Chip-Leser außerdem über eine zusätzliche
Datenleitung mit der Fernmeldezentrale verbunden sind, entfallen die regelmäßigen Funktionskontrollen. Störungen melden die Chip-Telefone direkt weiter.
Für die Kunden wird das Karten-Telefonieren trotz aller Einsparungen nicht billiger - das Post-Monopol machts möglich. Nur für Reisevertreter und andere Dauerbenutzer öffentlicher Telefonzellen gibt es ein neues günsti
ges Angebot: die Telefonkarte mit automatischer Abbuchung. Wer sie für 20 Mark erwirbt und fortan monatlich drei Mark Gebühr entrichtet, kann von allen Kartentelefonen unbegrenzt telefonieren, die Einheiten werden auf seine normale Telefonrechnung gebucht. Auf Wunsch kann die Karte fürs Telefonieren ins Ausland gesperrt werden.
Passiert das nicht, kann man
mit ihr in Frankreich die „Carte Pastel“ erwerben - ein großer Vorteil, denn westlich des Rhein ist das bargeldlose Telefonieren inzwischen Gang und Gäbe: Dort gibt es kaum noch eine Telefonzelle, die Münzen schluckt.
Doch die Kartensysteme unterscheiden sich. Auch mit den englischen Karten wird es keine gegenseitige Nutzung geben können. Sie tragen beide statt des
Chip einen Magnetstreifen auf der Rückseite.
Nur Kreditkarten sind international
Eine internationale Nutzung auch in der Telefonzelle versprechen nur die großen Kreditkarten von Visa, Eurocard, American Express und Diners. Allerdings gibt es in der Bundesrepublik erst 30 Telefone, die Kreditkarten akzeptieren. Sie stehen in den Flughäfen von Frankfurt, München, Düsseldorf und Hamburg und berechnen erstmal drei Mark Grundgebühr, bevor das Telefonieren überhaupt begonnen hat. Schließlich muß die Gültigkeit jeder Kreditkarte erst in zwei Großrechnersystem nachgeprüft werden.
„Die Grabbelei nach dem Groschen hört auf“, freut sich die Kartenbesitzerin vor der Telefonzelle, „außerdem sind ja viele Münzautomaten immer kaputt und vor dem Rest stehen lange Schlangen.“ Als Spezialistin des bargeldlosen Zahlungsverkehrs hat sie dafür fünf kleine Kärtchen in ihrem Portemonnaie: zwei von der Bank, eine zum Tanken, einen codierten Betriebsausweis und eine Karte zum Telefonieren. Greift sie in der Zelle aus Versehen zur falschen Karte, wird diese automatisch wieder ausgespuckt.
Ase
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